Was tun, wenn sich der Landwirt den Fuß bricht?

19.8.2019, 09:18 Uhr
Was tun, wenn sich der Landwirt den Fuß bricht?

© Petra Malbrich

45 Kühe hat Andreas Brandmüller gerade gemolken, ihnen frisches Futter in den Stall gebracht und das kleine Kälbchen getränkt. Für den 20-Jährigen aus Illhof, Eckental, eigentlich nichts Ungewöhnliches, bewirtschaften seine Eltern doch selbst einen Bauernhof. Aber heute ist Andreas Brandmüllers erster Tag als Betriebshelfer in Walkersbrunn, auf dem Hof der Familie Erlwein-Schäfer.

Dort ist Not am Mann, denn Chefin Tanja Schäfer ist am Fuß verletzt und kann derzeit nicht so kräftig anpacken wie gewöhnlich. Gerade in der Erntezeit wird daraus schnell eine Notsituation, weshalb Schäfer die Nummer des Maschinenrings Regnitz Franken gewählt und um einen Helfer gebeten hat.

Mit diesen Hilferufen ist sie nicht die Einzige. Auch andere landwirtschaftliche Betriebe und selbst Privathaushalte brauchen in Krankheitszeiten oder bei einem Familienzuwachs eine Unterstützung für den Haushalt und den Bauernhof. Für den Haushalt und leichte landwirtschaftliche Tätigkeiten ist die Dorfhelferin zuständig, das männliche Pendant ist der Betriebshelfer, der nur auf dem Hof und auf dem Feld arbeitet und auch die großen, schweren Maschinen steuert.

Was tun, wenn sich der Landwirt den Fuß bricht?

© Foto: Petra Malbrich

Finanziert wird das durch die KDBH – Katholische Dorfhelferinnen und Betriebshelfer in Bayern nennt sich diese Gemeinschaftsorganisation, bestehend aus dem Bauernverband, der mit 52 Prozent beteiligt ist und dem Landescaritasverband Bayerns (48 Prozent). Die Einsatzleitung übernimmt der Maschinenring.

Am 1. März 1999 wurde diese Einrichtung gegründet, als fast 300 Dorfhelferinnen in Bayern arbeitslos geworden wären, nachdem das Landeskuratorium Konkurs anmelden musste. Selbst die Kommunen unterstützen die KDBH mit einer Spende, denn auch Privathaushalte können Unterstützung durch eine Dorfhelferin erhalten, wenn es von den Krankenkassen genehmigt wurde, informiert Werner Nützel, Geschäftsführer des Bauernverbands im Kreis Forchheim.

Zwei Drittel des Landkreises wird durch den Maschinenring Regnitz Franken betreut. Die Fachkräfte sind meist Frei- oder Nebenberufler. Anne Herberger arbeitet als einzige Dorfhelferin für den Landkreis Forchheim in Festanstellung. Die für die Landkreise zuständigen Maschinenringe helfen sich auch untereinander mit den Fachkräften aus. So ist Anne Herberger derzeit im Höchstädter Raum in zwei Betrieben eingesetzt und arbeitet im Stall und im Haushalt.

Noch immer begeistert

Nach dem Schulabschluss hat die 28-Jährige aus Höchstadt Hauswirtschafterin gelernt. Dann erkundigte sie sich nach möglichen Weiterbildungen. Ehemalige Schülerinnen erzählten von ihren Fortbildungen. "Da war eine Dorfhelferin dabei und als sie von ihrem Beruf erzählte, hatte ich Schmetterlinge im Bauch und habe mich gleich beworben", sagt Herberger, die noch immer ganz begeistert ist.

Momentan gibt es nur noch wenige Bewerbungen für diesen Beruf. "Die Bezahlung ist schlecht bei der Dauer der Ausbildung. Das ist wie in allen sozialen Berufen", sagt Nützel. Die Dorfhelferinnenausbildung dauert fünf Jahre, inklusive Praktika. Warum, das ist leicht erklärt, sind doch die Themen Mensch, Tier und Küche mit den Sparten Hauswirtschaft, Ernährungslehre, Lebensmittelkunde, Tierhaltung, Tierernährung, aber auch Pädagogik dabei. Denn nicht selten ist die Dorfhelferin auch ein Seelsorger, führt Gespräche mit den Erwachsenen oder Kindern. "Das sind Stresssituationen. Die Dorfhelferin kommt meist, wenn in der Familie eine schwere Krankheit vorliegt. Wegen Schnupfen beantragt niemand eine Dorfhelferin", sagt Nützel. Aber es gibt auch schöne Momente, etwa wenn eine Geburt Grund für ihren Einsatz ist.

Auch Andreas Brandmüller hilft gerne. Er ist nebenberuflicher Betriebshelfer, was heißt, dass er entweder stundenweise im Betrieb ist oder mehrere Wochen ganztags, wie derzeit bei den Schäfers in Walkersbrunn. Warum er überhaupt in anderen Betrieben arbeitet, obwohl seine Eltern eine eigene Landwirtschaft haben, ist schnell erklärt: "Damit man andere Betriebe kennenlernt und nicht betriebsblind wird", sagt er. Tanja Schäfer bestätigt das, denn auch sie und ihr Ehemann Bernhard hatten als Betriebshelfer gearbeitet, als sie in Brandmüllers Alter waren. Dann seien die Eltern selbst noch jung und voll leistungsfähig. Die richtige Zeit, um Erfahrungen zu sammeln, bevor man später den Hof übernimmt.

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