"Weil die Erde leidet": Fridays for Future in Forchheim

28.3.2019, 06:00 Uhr
Am 15. März demonstrierten rund 800 Teilnehmer in Erlangen auf der "Fridays for Future"-Demo für den Umweltschutz und die konsequente Einhaltung der UN-Klimaschutzziele, die 2015 im Pariser Abkommen vereinbart wurden.

© Harald Sippel Am 15. März demonstrierten rund 800 Teilnehmer in Erlangen auf der "Fridays for Future"-Demo für den Umweltschutz und die konsequente Einhaltung der UN-Klimaschutzziele, die 2015 im Pariser Abkommen vereinbart wurden.

Warum braucht Forchheim eine FFF-Ortsgruppe?

Franziska: Weil wir uns gefragt haben: Warum soll man nur in Nürnberg, Erlangen oder Bamberg für den Klimaschutz demonstrieren? Nur weil ich in Pretzfeld wohne — zugegeben keine Weltmetropole – will ich mich trotzdem vor Ort engagieren. Auf dem Land kann auch mal was gehen!

Tuana: Wenn es ums Klima geht, gibt es keinen Unterschied zwischen Stadt und Land, wir alle sind betroffen.

Franziska: Die Landbevölkerung muss auch involviert werden, es kann ja nicht alles nur in Berlin entschieden werden. Für Forchheim werden wir den FFF-Slogan „Klimaschutz wann? Jetzt!“ fränkisch ummünzen: „Glimaschutz wann? Etzadla!“

Tuana Ceylan von der Realschule Forchheim.

Tuana Ceylan von der Realschule Forchheim. © Roland Huber

Seid Ihr schon vor FFF umweltpolitisch aktiv gewesen?

Katharina: Als Schülersprecherin am EGF habe ich im Plenum auch mit umweltpolitischen Themen zu tun. Und im privaten Umfeld, also in meiner Familie, achten wir verhältnismäßig viel auf Umwelt- und Tierschutz, versuchen, den ökologischen Fußabdruck so klein wie möglich zu halten. Wir sind zwar keine Mega-Öko-Familie, aber wir tun unser Bestes, um Alltag und CO2-Bilanz miteinander zu vereinbaren.

Franziska: Ich habe mich davor nicht aktiv politisch beteiligt, aber meine Eltern unterstützen FFF. Also sind wir mit dem Flixbus zu einer Demo nach München gefahren, ich war auch bei den Demos in Erlangen dabei. Zuhause haben wir eine Solaranlage auf dem Dach, meine Mutter liest Bücher über plastikfreies Leben, wir versuchen, allen Plastikmüll und Mikroplastik zu vermeiden.

Tuana: Öffentlich demonstriert hatte ich davor nie, aber im privaten Bereich ist der Umweltschutz immer schon ein Thema gewesen. Energiesparen wird bei uns daheim groß geschrieben.

Wie kam es zur Entstehung von FFF in Forchheim?

Katharina: Ich denke, den Stein ins Rollen gebracht hat die Aufregung um eine GFS-Schülerin, die im Januar an einer Demo in Erlangen teilgenommen hat, was auch bei uns am EGF zu Diskussionen führte. In der Folge habe ich mich mit anderen Schülern bei uns am Gymnasium ausgetauscht, wir gründeten dann einfach mal eine WhatsApp-Gruppe. Inzwischen sind wir in dieser Organisatoren-Gruppe acht Schüler aus verschiedenen Schulen.

Franziska: Über diese Gruppe und unsere Facebook- und Instagramseite haben wir uns dann weiter vernetzt.

Tuana: Schließlich haben wir eine WhatsApp-Gruppe für alle erstellt, die an der Demo in Forchheim teilnehmen wollen. Innerhalb weniger Wochen sind 257 Leute beigetreten, bis es so voll war, dass wir eine zweite Interessierten-Gruppe eröffnen mussten. Die zählt momentan etwas über 130 Mitglieder.

Franziska Wild vom Gymnasium Fränkische Schweiz (GFS) in Ebermannstadt.

Franziska Wild vom Gymnasium Fränkische Schweiz (GFS) in Ebermannstadt. © Roland Huber

Macht fast 400 Interessierte. Wie viele glaubt Ihr, werden am Freitag auch wirklich da sein?

Katharina: Schwer zu sagen, auch weil es die erste Demo dieser Art in Forchheim ist. Bei der Stadt angemeldet haben wir 120 Personen. Sicher wird es solche geben, die das ausnutzen, auch manche, die zusagen, aber dann gar nicht mitlaufen — doch das wird genauso sicher nicht die Mehrheit sein.

Franziska: Bei der letzten Demo in Erlangen herrschte kein strahlender Sonnenschein, kein Freizeit-Wetter. Es war kalt, es hätte fast geschüttet wie aus Eimern. Trotzdem waren es 800 Teilnehmer. Wer frierend und durchnässt in der Kälte steht, überlegt sich sehr wohl: Warum mache ich das? Eben, weil man für etwas eintritt.

Was sagen die Lehrer zu eurem Engagement?

Tuana: Wir kriegen ein geteiltes Echo. Manche unterstützen uns, andere sind sehr zurückhaltend. Es kommt oft die Standardfrage: Warum macht ihr das nicht samstags?

Franziska: Dass wir während der Schulzeit streiken, ist der häufigste Kritikpunkt. Man will offenbar den Sinn dahinter nicht verstehen. Gerade weil wir es freitags machen, nimmt man uns wahr, nimmt man uns ernst.

Katharina: Erst letzte Woche haben wir uns im Schülersprecher-Gremium mit einem Vertreter des Kultusministeriums getroffen, dem Ministerialbeauftragten für oberfränkische Gymnasien. Er erkannte an, dass die Demo an Freitagen das Trittbrett ist, das FFF bekannt und erfolgreich macht. Weil das immer mehr gelingt, kann man irgendwann gerne darüber diskutieren, die Streiks auch außerhalb der Schul- und Vorlesungszeiten stattfinden zu lassen.

Katharina Büttner vom Ehrenbürg Gymnasium Forchheim (EGF).

Katharina Büttner vom Ehrenbürg Gymnasium Forchheim (EGF). © Roland Huber

FDP-Chef Christian Lindner meinte ja, dass globale Klimaschutzpolitik „eine Sache für Profis“ und nichts für Kinder sei. Was meint Ihr?

Katharina: Die FFF-Bewegung fordert die konsequente Umsetzung dessen, was die „Profis“ im Pariser Klimaschutzabkommen vereinbart haben. Wir wollen also keine Politik „machen“, sondern dass die Politiker, die da sind, nach den vereinbarten Zielen handeln.

Franziska: Wer FFF kleinredet oder als Kinderkram abtut, hat wohl noch nicht begriffen, wie viele wir sind, weltweit. Zehntausende gehen inzwischen in aller Herren Länder auf die Straße — Schüler, Studenten, aber genauso auch die Eltern und Großeltern.

Tuana: Es gibt sogar FFF-Demos in Grönland und der Antarktis (lacht).

Katharina: Wenn so viele Leute den Mund aufmachen, kann man irgendwann nicht mehr weghören.

Viele Jugendorganisationen von Parteien, die Ostspangen-Gegner der Biwo und auch die Energie- und Klima-Allianz (als „Parents for Future Forchheim“) unterstützen eure Demo am Freitag.

Katharina: Wobei wir bewusst darauf aufmerksam machen, dass wir FFF nicht politisch vereinnahmen lassen wollen. Politiker können gerne vor Ort mit den Teilnehmern ins Gespräch kommen, aber wer an der Demo teilnimmt, muss wissen: Es geht hier um den Klimaschutz — und nicht um Parteifarben.

Franziska: Es ist ja gut, wenn Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber zur Jugend-Klimakonferenz einlädt und sich mit zufällig ausgewählten Schülern unterhält. Ob es sich um Schüler handelt, die sich aktiv engagieren und Wissen mitbringen, scheint dabei aber eher zweitrangig zu sein. Und Studenten bleiben, obwohl sie FFF maßgeblich mitorganisieren, ganz außen vor.

Katharina: FFF soll und darf einfach keine PR-Bühne für eine Person oder eine politische Partei sein.

Mal angenommen, am Freitag kommen ganze zehn Leute. War’s das dann mit den FFF in Forchheim?

Tuana: Auf gar keinen Fall. Und wenn nur drei vorbeischauen — wir machen weiter.

Franziska: Wir werden weiter Demos organisieren. Außerdem wollen wir auch Müllsammelaktionen planen und wenn möglich Podiumsdiskussionen mit Experten organisieren.

Katharina: Denn wer meint, wir würden ja eh nur Radau machen, Schule oder Uni schwänzen, wer ernsthaft glaubt, wir würden verblöden, weil wir an ein paar Freitagen im Jahr für den Umweltschutz demonstrieren, der irrt sich.

Glaubt Ihr, euer Protest wird etwas bewirken?

Alle drei: Ja.
Tuana: Wir müssen auch nicht gleich vom Weltuntergang sprechen. Aber sicher ist, dass die Erde leidet. Und ich will dabei nicht einfach nur zusehen.

Die „Fridays for Future“-Demonstration startet am Freitag, 29. März,  im Forchheimer Stadtpark, Treffpunkt ist um 10.30 Uhr am Spielplatz an der Von-Brun-Straße.

Interview: PHILIPP ROTHENBACHER

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