Wildernde Katzen sind Gefahr für Vögel

21.11.2014, 10:00 Uhr
Wildernde Katzen sind Gefahr für Vögel

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Miezi, Tigerchen oder Csinos sind elegant, süß, flauschig und haben ihren eigenen Kopf — Katzen eben. Aber die Stubentiger haben auch Krallen in den Samtpfoten. Die fahren sich nicht nur beim Anblick einer Maus aus, die werden auch mal in einen Vogel geschlagen.

8,4 Millionen Hauskatzen soll es in Deutschland geben. Sie sollen pro Jahr 200 Millionen Vögel erlegen. Eine Zahl die der Landesbund für Vogelschutz (LBV) geschätzt hat. Beide Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen. Zum einen weiß niemand, wie viele Hauskatzen in Deutschland tatsächlich leben und wie viele ihrer Artgenossen verwildert sind — Schätzungen sprechen hier wiederum von zwei Millionen. Auf der anderen Seite bezweifelt selbst der Naturschutzbund Deutschland die Zahl der getöteten Vögel. Er geht davon aus, dass insgesamt nur 400 Millionen durch Deutschland flattern.

Abseits der Zahlen steht fest: Katzen töten Vögel — auch wenn sie ihre Beute Frauchen oder Herrchen anschließend nur vor die Tür legen. In Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen oder Baden-Württemberg wird gerade um ein neues Jagdrecht gerungen. Darin soll unter anderem der Abschuss von Katzen eingeschränkt oder verboten werden. Der Vogelschutz dient als Gegenargument. Bisher ist Jägern das Anlegen auf wildernde Hunde und Katzen erlaubt — als wildernd galten die Katzen wenn sie sich von einer Behausung entfernt hatten. In Bayern liegt diese Grenze bei 300 Metern.

Niemand will Haustiere töten

Nun sind Jagen und Katzen sensible Themen. Das Gesetz schreibt den Jägern vor, das Wild vor anderen Tierarten zu schützen, eigentlich würde dies juristisch einen Schuss rechtfertigen. Doch tatsächlich kennt Eva Rost-Windecker, Obfrau für Öffentlichkeitsarbeit der Jäger in der Kreisgruppe Forchheim, keinen Kollegen, der tatsächlich einmal eine Katze geschossen hat. „Niemand würde sofort schießen.“ Damit mache man sich nur Feinde. Die Jäger, die selbst auch oft Hunde und Katzen halten, wüssten: „Das ist ein Haustier, das jemand lieb hat.“

Lieber beobachten die Jäger laut Rost-Windecker die Tiere, versuchen die Besitzer ausfindig zu machen und mit ihnen zu reden. Wenn es einen Besitzer gibt. Denn die verwilderten Hauskatzen sind ein Problem. „Sie sind beinahe Neozoen, eingeschleppte Tierarten wie Waschbär oder Marderhund, die nicht ins Ökosystem gehören“, sagt Rost-Windecker. Sie vermehren sich unkontrolliert und gefährden Bodenbrüter wie Wachteln oder Rebhühner, aber auch junge Hasen. Die Jäger steckten viel Zeit und Arbeit in die Pflege von Feldrainen, so Rost-Windecker. In diesen finden die Tiere Unterschlupf zu Brut und Aufzucht. „Eine einzige Katze kann die Arbeit eines Jahres zu Nichte machen.“

Ein weiterer Aspekt: Sie könnten sich mit Wildkatzen paaren, deren Rückkehr in den Landkreis gerade gefeiert wird (wir berichteten). „Es könnte schwierig sein, die Wildkatze als Rasse zu erhalten.“

Trotz allem: Auch der LBV hält nichts von einem Abschuss. „Nein, niemals“, sagt Pressesprecher Markus Erlwein. „Das macht keinen Sinn, es gibt bessere Lösungen.“ Dass Katzen Vögel jagen sei „kein unerhebliches Problem“, weit schlimmer sei aber die industrialisierte Landwirtschaft, die den Tieren keinen Unterschlupf und keine Nahrung mehr biete. Hinzu kommt der allgemeine Verlust des Lebensraumes. In einer kürzlich von Tierschützern veröffentlichten Studie heißt es, dass deshalb in den vergangenen 30 Jahren der Vogelbestand in Europa um 421 Millionen Exemplare geschrumpft ist.

Unterschlupfmöglichkeiten

Was also tun? Der LBV rät, in den Gärten Unterschlupfmöglichkeiten für die Vögel zu schaffen. Besonders in der Brutzeit, wenn jagende Katzen die Tiere unter Druck setzen. „Katzen haben einfach einen Jagdtrieb. Ihm fallen nicht nur junge und schwache Vögel zum Opfer“, sagt Erlwein. Um den Instinkt zu zügeln, solle man sich mit den Tieren beschäftigen. „Und vor einer Anschaffung nachdenken.“ Zusätzlich hat der LBV einige Verhaltensregeln veröffentlicht (siehe Zur Sache)

Auch Halsbänder mit Glöckchen können eine Lösung sein — das Gebimmel verrät den pirschenden Kater. Mit ihnen ist Marianne Wende, Vorsitzende des Tierheimes Forchheim aber nicht glücklich. „Da haben wir schon Schlimmes gesehen, wenn die Tiere sich verheddern und die Bänder nicht aufgegangen sind.“ Auch sie rät, mit den Katzen zu spielen, sie zu beschäftigen, um Jagd- und Spieltrieb zu zügeln —  und sich vor einem Kauf Gedanken zu machen, wie das Leben mit dem Tier aussehen soll. Geschenke zu Weihnachten sind im Tierheim nicht gerne gesehen.

Alle drei plädieren für Kastration, damit sich freilebende Katzen nicht unkontrolliert vermehren können. Doch die ist teuer. 250 Tiere hat der Tierschutzverein 2013 eingefangen, gechipt, tätowiert und kastrieren lassen. Mehr als 10 000 Euro hat das gekostet — und in der Vergangenheit waren es schon deutlich mehr Tiere. „Wir versuchen dann, sie an Bauernhöfe oder Reitställe zu vermitteln“, sagt Wende. Denn dort werde der Jagdtrieb gebraucht.

Wer die Kastration unterstützen will, kann an den Tierschutzverein Forchheim spenden: IBAN DE43 76 35 10 40 00 00 00 53 97 bei der Sparkasse Forchheim.

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