Winterausgabe des SoundFeel Festivals in Ebermannstadt

22.12.2013, 13:03 Uhr
Man merkte bei beiden Bands, dass sich die Musiker sehr nahe stehen.

© Udo Güldner Man merkte bei beiden Bands, dass sich die Musiker sehr nahe stehen.

Im Scheinwerferlicht lassen junge, zornige Bands ihren Gedanken und Gefühlen freien Lauf. Und vergessen dabei trotzdem nicht die Party-Stimmung und das Tanzfieber im Halbdunkel. "Wie viele Xavier Naidoos brauchen wir noch, bis Deutschland endlich einschläft?"

Mit "My New Zoo", einem Quartett aus Nürnberg und Fürth, schläft garantiert niemand ein. In ihrem Bühnen-Gehege fauchen und knurren Danijel Bubic (Gesang), Robert Zovko (Gitarre) und die eineiigen Zwillinge Christian und Wolfram Glaser (Bass und Schlagzeug). Zumindest in ihren Texten. So wie ihre Musik das Klischee des melodischen, ohrgängigen, aber letztlich harmlosen englischen Pop vermeidet, der keinen Wert auf den Text legt und mit den immer gleichen Mitteln Emotionen erzeugt, ohne den Verstand zu fordern. So wollen sie mit ihren Texten aufrütteln.

Anonymität unter Pferdemasken

Etwa wenn die, zumindest zu Beginn mit Pferdeköpfen anonymisierten, Musiker in "Mister Officer" von der Kontrolle des Staates singen. Und zugleich zerfetzen die Wildtiere aus dem neuen Zoo die Schablonen des deutschsprachigen, intellektuell verkopften Liedermachens, führen Fidel Castros Stimme, verpackt in Rock-Riffs, vor und lassen Milliarden von Euro für die Liebe links liegen.

Damit die Zuhörer auch verstehen, was "My New Zoo" da so ins Mikrophon diktiert, haben bei Songwriter Danijel Bubic und seinen Kollegen inzwischen deutsche die englischen Texte abgelöst. Dann sorgt der Blues in "Ein kleines Atom" für Explosionen in den Köpfen. Noch etwas anarchistischer, ungezügelter geht es bei der Nürnberger Formation "megaphon" zu.

Die sieben Musiker, die ihre Affinität zum Reggae rhythmisch, und teilweise auch in Frisuren erkennbar werden lassen, spielen mit allen Klischees, die der HipHop so mit sich bringt. Hüpfende junge Männer mit Basecaps und Kapuzenshirt und auf den Lippen manch hartes Wort. Etwa wenn sie dem "Sehr geehrten Herrn Minister" einen gesungenen Brief zukommen lassen, der mit den Worten endet: "Halt´s Maul!"

Laut und hektisch

Aus Halbstarken werden da Lautstarke, die auf das Wachstum scheißen, die aber auch ironisch mit den Erwartungen spielen, sie unterlaufen, ja parodieren können. Pat Degree (alias Patrick Schirmer) und Chris´n´Ko (Christian Kotzbauer) verstehen sich als Köpfe einer "working class band". Und weil die den Sound der Straße hörbar machen möchte, geht es ziemlich laut und hektisch zu.

So laut und bassphemisch, dass die Türen der Stadthalle klappern, dass das Pflaster vor dem Eingang vibriert, und dass die Flaschen über den Tresen der Bar wandern. Dafür verantwortlich sind Schlagzeuger Lukki Lion (Lukas Lösel), Bassist Eastwood (Thomas Oswald), Keyboarder Hodde (Christian Heuser), DJ Beat Joe (Johannes Zöllner), sowie Lokalmatador und Ersatzgitarrist Max Feist (als einziger ohne Pseudonym) aus Forchheim.

Mit ihrer energiegeladenen, tanzbaren Musik überspielen sie auch etwas den gesellschaftskritischen Touch, und werden keinen Takt lang monoton. Hinter dem großmauligen Machogehabe und der mehr als deutlichen Sprache verbergen sich vielfältige Ängste vor Einsamkeit, Gewalt oder Vergänglichkeit - verletzliche Menschen eben. Derweil gibt es nicht nur den spontanen Luftgitarren-Contest unter den Zuhörern, sondern auch den Luftgaleeren-Wettbewerb.

Das Publikum rudert zu "A.I.D.A.", was weder mit der Verdi-Oper, noch mit dem Kreuzfahrtschiff etwas zu tun hat. Vielmehr mit einer Marketingformel (Attention Interest Desire Action). "Wir hätten es sogar ganz gut gefunden, wenn das Publikum nicht mitgemacht hätte," so Danijel Bubic. Denn die Beeinflussung der Menschen durch Werbung sei ohnehin viel zu groß. Beim SoundFeel gibt es nicht nur viel Sound, sondern auch eine keineswegs unpolitische Musikszene, die nur auf leichtläufige Themen setzt. Auch wenn die Partyrhythmen an so einem Abend nicht fehlen dürfen.

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