Wo aus Samen kleine Setzlinge werden

23.11.2006, 00:00 Uhr
Wo aus Samen kleine Setzlinge werden

Es ist ein schöner Herbstmorgen. Die Sonne lässt die Blätter an den Bäumen in allen Farben leuchten. Der Pflanzgarten liegt am Ortsrand von Kolmreuth wie ein Karree im Schatten hoher Bäume. Nur vereinzelte Sonnenstrahlen dringen durch deren Kronen. Normalerweise hört man hier nichts außer das Zwitschern der Vögel. Fast könnte man den kleinen Setzlingen, die hier und da aus der Erde sprießen, beim Wachsen zuhören.

Heute allerdings nicht. Eine Baumschule in Hersbruck hat gerade 12 000 Pflanzen geliefert — Buchen, Linden, Spitzahorn, Walnussbäume und zahlreiche weitere Sorten. Aufgereiht liegen sie zur Abholung bereit. Arndt Platte, Geschäftsführer der WBV Fränkische Schweiz, koordiniert die Verteilung an die Waldbauern, die aus allen Ecken der Fränkischen nach Kolmreuth gekommen sind.

Service für die Mitglieder

Etwa zwei Mal im Jahr bestellt die WBV zusätzliche Pflanzen bei einer privaten Baumschule. «Als Service für unsere Mitglieder lassen wir die Sorten, die wir selbst nicht angebaut haben, liefern“, erklärt Arndt Platte. Diesmal gibt es viele, denn viel Baumnachwuchs existiert im Pflanzgarten momentan nicht. «Wir wollen ihn aber im Frühjahr wieder stark befüllen.“ Vor allem die Sorten, die in diesem Jahr vom Borkenkäfer hingerafft worden sind, sollen wieder angepflanzt werden, «damit unsere Waldbauern entsprechend aufforsten können“. Doch nicht nur diese, auch Spitz- und Bergahorn, Tannen, Kirschen und Nussbaum sollen im kommenden Jahr auf dem Waldgrundstück gedeihen.

Dabei müssen jedoch Herkunftsvorgaben beachtet werden. «Was hier geerntet wird, muss wieder hierher zurück“, fasst Erwin Bittermann zusammen, der als Vorgänger von Arndt Platte viele Jahre lang die Geschäfte des WBV geführt hat. Deshalb müsse die Herkunft immer nachgewiesen werden können. Nur so könne die heimische Pflanzenwelt erhalten werden.

Fliegendes Saatbeet

Nach dieser Devise wird seit mehr als 60 Jahren im Pflanzgarten bei Pretzfeld gearbeitet. «Nach dem Krieg war das hier ein fliegendes Saatgebiet“, erklärt Bittermann. Nach und nach wurde es zum Pflanzgarten ausgebaut und von anfangs 0,4 auf jetzt 0,7 Hektar Fläche vergrößert. Jedes Jahr lieferte der Garten die Grundlage für Aufforstungsaktionen der über 100 dem Verein angehörenden Waldbauern, die die Bäumchen hier noch immer billiger als in der privaten Baumschule bekommen.

Finanziell ist die Situation jedoch nicht ganz einfach. «Eigentlich lohnt sich so ein Pflanzgarten nicht mehr“, sagt Bittermann, der hauptamtlich als Förster in Streitberg arbeitet. Bei vielen Vereinen führte das dazu, dass die Pflanzgärten aufgegeben wurden.

Die WBV Fränkische Schweiz jedoch will das verhindern. «Er hält die Mitglieder zusammen, und es hilft ihnen, sich mit dem Verein zu identifizieren, wenn sie hier ihre Bäume holen“, sagt Bittermann. Jederzeit steht ihnen der Garten dafür offen, Monika Pieger und Silvia Knörrlein kümmern sich als Minijobberinnen sowohl um die Pflege der kleinen Bäumchen als auch um die Wünsche der Vereinsmitglieder.

Das soll auch in der Zukunft so bleiben, weshalb der Vorstand erst vor kurzem wieder den Erhalt des Pflanzgartens abgesegnet hat.