Wonderful Gräfenberg: Amerikanerinnen auf der Suche nach ihren Wurzeln

18.9.2016, 06:00 Uhr
Wonderful Gräfenberg: Amerikanerinnen auf der Suche nach ihren Wurzeln

© Foto: Birgit Herrnleben

"Wonderful, amazing, crazy“, das sind die drei Worte, die Shirleen Hoffman an diesem Sommermorgen am Gräfenberger Marktplatz nicht nur einmal über die Lippen gehen. Zwei Wochen hat sich die 68-Jährige, die zusammen mit ihrer Cousine Vicky unterwegs ist, für ihren Europa-Trip Zeit genommen. Nach einem Zwischenstopp in Paris will sie die nächste Woche vor allem in der Fränkischen Schweiz Urlaub machen, fränkische Landluft schnuppern und erspüren, wie sich ihr Uropa wohl gefühlt hat, damals, als er vor mehr als 140 Jahren seine Heimat mit dem Ziel Amerika verließ.

Wonderful Gräfenberg: Amerikanerinnen auf der Suche nach ihren Wurzeln

© Foto: privat

Man schrieb das Jahr 1872, als Johann Hofmann von Neusles aufbrach, um sein Glück weit weg über dem großen Teich zu suchen und zu finden. Amerika, das war damals der Sehnsuchtsort schlechthin. In Neusles, da sah Johann keine Perspektive für sich, erzählt Shirleen im Gespräch mit den Nordbayerischen Nachrichten, karg war das Leben und das Auskommen der Familie, die acht Kinder zu ernähren hatte.

30 Taler für die Überfahrt

Von seiner Zeit in Deutschland sind Shirleen keinerlei Unterlagen geblieben, nur der Name des Schiffs, das den Urgroßvater auf einer Passage von Hamburg nach New York brachte, den weiß sie noch: Herrmann. 30 Taler kostete damals die Überfahrt.

Professionelle Unterstützung bei der Spurensuche ihrer Ahnen bekommt Shirleen Hoffman von Thomas Pöhlmann. Der Familienforscher ist seit zwei Jahren für Hoffman tätig, wälzt sich durch Kirchenbücher, Akten des Standesamtes und Auswanderer-Akten im Staatsarchiv Bamberg. Bis zum Jahr 1660, hat er recherchiert, reichen die Wurzeln der Hofmanns zurück, von Haidhof, so hat er herausgefunden, siedelten die Vorfahren von Shirleen Hoffman damals in Neusles. Im Zuge der Amerikanisierung, so vermutet Pöhlmann, ist aus dem Neusleser Johann Hofmann der Amerikaner John Hoffman geworden.

„Mein Uropa war immer sehr stolz darauf, aus Deutschland, aus Bayern, zu kommen“, erinnert sich Shirleen zurück. Und doch bedauert die 68-Jährige, dass sie ihn nie danach gefragt habe, wo er herkomme. Als sie dann beim Stöbern vor einigen Jahren seine Geburtsurkunde fand, da stand für sie fest: Da muss sie hin, nach Neusles. Oder, wie Shirleen in breitem amerikanisch sagt, nach „Njussels“.

Die Burgen in der Fränkischen Schweiz, die wollen die beiden Cousinen sich unbedingt noch in den nächsten Tagen anschauen. Ganz vorne dran auf der Liste: Burg Egloffstein, die so malerisch auf einer Felsnase im Trubachtal sitzt. „Zu Hause in Minnesota, da wird die Familie staunen, wenn sie all die Fotos von der Heimat des Uropas sehen!“, ist sich Hoffman sicher.

Einen Teil der „alten“ Familie, den treffen Vicky und Shirleen bereits am Nachmittag in Haidhof. Denn Thomas Pöhlmann hat bei seinen Recherchen herausgefunden, dass noch viele Verwandte von John Hoffman rund um Thuisbrunn, Neusles und Haidhof leben. Noch niemals vorher habe man sich gesehen, geben die beiden Amerikanerinnen zu, ein wenig „nervous“, das seien sie vor dem ersten Zusammentreffen schon. Dann werden die beiden Bratwurst und Sauerkraut, Apfelstrudel mit Vanillesoße und Kässpätzle bestellen, denn die typisch deutsche Küche, die gibt es auch zu Hause bei ihnen in Minnesota. Nur das gute fränkische Bier, das fehle. Doch dafür, so die beiden Cousinen mit einem Augenzwinkern, dafür haben sie ja noch die nächsten 14 Tage Zeit.

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