«Zurzeit arbeiten wir für Gottes Lohn«

3.6.2009, 00:00 Uhr
«Zurzeit arbeiten wir für Gottes Lohn«

© Däumler

Matthias Tauber ist ein junger Landwirt mit bester Ausbildung, der den Hof seiner Eltern Inge und Hermann übernehmen will. Da die Entwicklung in der Landwirtschaft letztes Jahr ganz gut war, entschloss sich der 28-Jährige dazu, den Bauernhof zu modernisieren. Er baute einen neuen Laufstall und investierte in einen Melkroboter viel Geld. Zurzeit hat er 40 Milchkühe und 40 Jungrinder. Das Futter baut er selbst an.

«Man hängt in der Luft«

Doch jetzt ist der Milchpreis mit 23 Cent pro Liter wieder völlig abgestürzt. Die einstige betriebswirtschaftliche Kalkulation passt hinten und vorn nicht mehr und der Junglandwirt muss schauen, wie er seinen Kredit zurück zahlen kann. «Da arbeitet man den ganzen Tag und es bleibt überhaupt nichts mehr übrig«, schildert Matthias Tauber die Lage. «Man hängt völlig in der Luft.«

So wie dem jungen Landwirt geht es vielen Bauern im Landkreis. Hermann Greif, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) und Werner Nützel, BBV-Kreisgeschäftsführer, haben auf dem Hof der Familie Tauber eine Reihe von Bauern zusammengetrommelt, die auf ihre sich immer mehr zuspitzende Situation aufmerksam machen wollen.

Sie kommen aus unterschiedlichsten Sparten: Milchvieh, Ferkel- und Schweinezucht, Getreide-, Acker- und Obstbau, Fleischverarbeitung und Landtechnik. Doch sie kämpfen alle mit den gleichen Problemen: Abstürzende Preise, sinkender Absatz und mangelnde Planungssicherheit.

Die bayerischen Bauernfamilien sicherten bisher zusammen mit den vor- und nachgelagerten Bereichen rund 600000 Arbeitsplätze, viel mehr als in der Autoindustrie, macht Hermann Greif deutlich. Auch im Landkreis Forchheim hingen zahllose Arbeitsplätze an der Landwirtschaft. Die Finanz- und Wirtschaftskrise sei jetzt vollends bei den Bauern angekommen und «auf vielen Bauernhöfen brennt es«, so Greif. Im Landkreis Forchheim gibt es noch 1700 landwirtschaftliche Betriebe mit 26000 Hektar Nutzfläche. «Aber es werden von Tag zu Tag weniger.« Die ruinöse Preisleistungssituation bedrohe massiv die Existenzen.

Hans Ebenhack, Milcherzeuger aus Walkersbrunn, nennt Zahlen: 2008 gab es noch 40 Cent pro Liter Milch, jetzt sind es 20 Cent. «Das macht in meinem Betrieb 1500 Euro aus, die ich bei gleichem Arbeitsaufwand weniger in der Kasse habe.« Er schimpft auf die «Lebensmittelmafia«, die die Preise diktiere. Gerhard Drutschmann, Milchviehhalter aus Kemmathen, verdeutlicht: «Geld, das wir für Investitionen zurückgelegt haben, fließt jetzt in den laufenden Betrieb.«

Milchbauer Hans Igel klagt: «Nach den Protestaktionen 2008 haben die Verbraucher versprochen, mehr Geld für Milch auszugeben. Sie machen es aber nicht, sondern kaufen nach wie vor die billigste Milch«, zeigt er sich enttäuscht. Dass die Qualität der Lebensmittel offenkundig vielen Verbrauchern egal ist, können die Landwirte nicht verstehen. Wenn es keinen Analogkäse gäbe und Eis wieder aus Milch hergestellt würde, dann würde mehr Milch vermarktet werden, meint Rosi Kraus, Kreisbäuerin.

Griff zum Billigprodukt

Konrad Schmitt, Schweinezüchter aus Bräuningshof, erzählt: Vor 30 Jahren habe ein Ferkel etwa 120 Mark gekostet, heute liege der Preis bei 60 Euro. Viele Verbraucher seien zwar für Tier- und Umweltschutz, doch dann kauften die meisten doch Billigfleisch aus Dänemark oder Holland, wo die Tiere acht Stunden und länger bis hierher transportiert würden. Konrad Rosenzweig, Getreideanbauer aus Wiesenttal, kämpft mit einem 50-prozentigen Preisabsturz. Eine Stundenvergütung gebe es bei den aktuellen Preisen nicht: «Momentan arbeiten wir für Gottes Lohn.«

Vizelandrat Georg Lang zeigte Verständnis für die Bauern. «Die Landwirtschaft ist für unsere Region absolut wichtig - als Arbeitsplatz und für den Erhalt der kleinstrukturierten Landschaft«, betont er. Man müsse den Verbraucher sensibilisieren, dass er für hochwertige Lebensmittel aus der Region auch einige Cent mehr zahlen müsse. Die Landwirte im Gemeinschaftshaus Kemmathen sind sich einig: «Nur mit vernünftigen Preisen und mehr Verlässlichkeit in der Politik habe die Landwirtschaft auch im Landkreis Forchheim eine Zukunft.«