Zwei Touren zu zeitgemäßer Architektur

26.6.2009, 00:00 Uhr
Zwei Touren zu zeitgemäßer Architektur

© Irene Lenk

Man kann sich darüber streiten, ob die Welt einen «Drive-In-Bäcker» gebraucht hat. Fest steht: Das Konzept der Bäckereikette «Der Beck», seit Januar 2008 erstmals in Forchheim an der Bayreuther Straße umgesetzt, ist ein Erfolg: Zu welcher Tageszeit man an dem auffallenden, lichten Flachdachbau vorbeifährt, sitzen Menschen in oder vor dem Haus.

Das könnte neben der guten Lage am einladenden Gebäude liegen, das der Erlanger Architekt Tim Gräßel - mit der Ebermannstädter Stadthalle schon einmal bei den Architektouren vertreten - geplant hat. Das ist nicht irgendeine Schuhschachtel-Filiale, sondern ein Schmuckkiste, die durch ihre klaren Linien besticht. «Verkaufspavillon» nennt das die Architektenkammer als Veranstalter der Reihe. Das ist schon geradezu verharmlosend.

Natürliche Materialien wurden gewählt, die Farben auf die ausgesuchten Stoffe reduziert. Von innen nach außen durchgängig gestaltet lässt es sich auf der Terrasse trotz Hauptverkehrsstraße gut verweilen. Bei gutem Wetter sind die Stühle stets besetzt.

«Das freut mich besonders», sagt Tim Gräßel. Gerade durch die weit auskragenden Dächer sollte eine beschützende Atmosphäre geschaffen werden, trotz der Offenheit der Architektur. Vorbild war die Architektur der amerikanischen Drive-Ins der 50er Jahre.

Am schönsten entfaltet sich die Qualität der ungewöhnlichen Bäckereifiliale an einem Winterabend, wenn es früh dunkel geworden ist und man mit dem Auto vorbeifährt: Hell erleuchtet liegt der «Drive-In» am langen Schlauch der Bayreuther Straße, Theke und Kaffeetrinker sind gut zu sehen - ein Hingucker, der seine Funktion erfüllt und auch noch gut aussieht.

Prototyp mit Erfolg

Als Prototyp gedacht hat sich der Forchheimer Drive-In bewährt: Gräßel setzt das Konzept derzeit in Feucht und Bamberg um; weitere moderne Bäckerei-Drive-Ins sind geplant.

Passivhäuser sehen dagegen nicht immer gut aus. Da zählen die inneren Werte. Selten war das Thema Energiesparen so aktuell wie in der Energiekrise. Der derzeit niedrige Ölpreis wird nur kurze Zeit darüber hinwegtäuschen, dass der Energieverbrauch in Zukunft das Thema schlechthin der Architekten sein wird.

Katharina und Christian Woelki aus Bräuningshof interessiert der Ölpreis nicht mehr. Sie haben vom Herzogenauracher Büro «passivhaus-eco» der Architekten Herbert Bucher und Petra Hüttinger ein Haus bauen lassen, das mit minimaler Energie auskommt. Es benötigt 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter. Zum Vergleich: Das entspricht 1,5 Litern Heizöl. Ein 100-Quadratmeter-Passivhaus bräuchte also theoretisch nur 150 Liter Öl. Zudem ist das Passivhaus im mit Bungalows reichlich gesegneten Langensendelbacher Ortsteil ein Blickfang in Orange.

Typisch für ein Passivhaus ist die kompakte Form ohne die auf dem Land so beliebten Erkerchen, die beim Energiesparen nur stören. Solarkollektoren und eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung komplettieren die Dämmung des Hauses mit einem Mix aus Glasschaum (Bodenplatte) sowie Zellulose und Holzfasern (Dach und Fassade).

Die Woelkis sind im September 2008 in ihren Neubau eingezogen. Dann folgte die Feuertaufe fürs Passivhaus: der harte Winter 2008/2009. Das Haus hat ihn mit Bravour bestanden. Katharina Woelki: «Es war immer angenehm warm. Schön, dass das gleich so ein Super-Winter war.»

Wenn die extreme Dämmung die Kälte nicht mehr ganz abhalten kann, steht im Haus ein Holzpellet-Ofen bereit. Er erzeugt auch das Warmwasser, wenn die Solarenergie nicht mehr reicht.

Der Bäcker-Drive-In liegt in Forchheim in der Bayreuther Straße 43, und kann am Samstag, 27. Juni, 16 Uhr, und am Sonntag, 28. Juni, 14 Uhr, besichtigt werden. Das Passivhaus befindet sich in Bräuningshof, Ebner Wiese 19 (Richtung Igelsdorf), und ist am Samstag, 14 Uhr, zugänglich. Die jeweiligen Architekten führen durch die Häuser und stehen für Fragen zur Verfügung.