Alkoholisierter Fahrer sorgte für Verwüstung

"Sowas noch nicht gesehen": Rettungskräfte über Einsatz nach Fürther Unfallfahrt

Katja Kiesel

Volontärin Online Redaktion

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9.2.2022, 17:44 Uhr
Ein außergewöhnlicher und schockierender Einsatz, den man nicht alle Tage erlebt: Da sind sich die beteiligen Rettungskräfte, die am Dienstagabend in der Fürther Hardstraße im Einsatz waren, einig. 

© NEWS5 / Oßwald, NEWS5 Ein außergewöhnlicher und schockierender Einsatz, den man nicht alle Tage erlebt: Da sind sich die beteiligen Rettungskräfte, die am Dienstagabend in der Fürther Hardstraße im Einsatz waren, einig. 

Die ersten an der Unfallstelle waren die Einsatzkräfte der Feuerwehr, wenige Minuten nach 19 Uhr. Insgesamt waren 18 Berufskräfte und acht Helfer von der Freiwilligen Wehr mit Einsatzleiter Christian Rieck vor Ort. "Ich kenne die Hardstraße und wir sind eigentlich davon ausgegangen, dass dort vielleicht ein Sprinter brennt – einen 40-Tonner konnte ich mir dort bis dahin nicht vorstellen. Da waren wir schon überrascht, als wir die Autos und den Feuerschein gesehen haben."

Es sei eine unübersichtliche Situation gewesen: Viele Leute, die auf der Straße standen, viele Rufe, das Haus, das an der Fassade bereits Feuer fing. "Wir sind da wirklich mit mehr als einem blauen Auge davongekommen, dass wir da keine Toten und Schwerverletzten zu beklagen hatten", sagt Rieck. "Bei der Länge der Strecke, die der Lkw zurückgelegt, der Anzahl der Autos, die er getroffen hat und, dass in diesem Bereich keine Personen unterwegs gewesen sind, das mag man sich nicht ausmalen."

Herausforderung und Belastung für die Einsatzkräfte

An zwei Schwerpunkten war die Feuerwehr im Einsatz: "Zum einen waren das die brennenden Pkw vor dem Gebäude mit der Brandausbreitung auf das Gebäude und auf den beteiligten Lkw und zum anderen hatten wir die Autos, die teilweise völlig zerstört über die Hardstraße verteilt lagen", sagt Rieck. "Wir haben uns zunächst auf den Brand konzentriert, damit das Feuer nicht weiter auf das Gebäude übergreift." Weil zwei brennende Fahrzeuge vor dem Eingang in das Wohnhaus standen, mussten die Einsatzkräfte zunächst die Autos löschen und dann darüber klettern. Als dieser Bereich abgelöscht war, haben sich die ersten Einsatzkräfte auf den Weg in das Gebäude gemacht.

"Das war eine Herausforderung und auch ein hohes Risiko für die Einsatzkräfte, weil wir ja keinerlei Möglichkeit hatten, durch Flammen und Rauch zu sehen, wie das Gebäude im Inneren aussieht – ob Fenster geplatzt sind und was da drin eigentlich los war," berichtet Rieck. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses hatten sich bereits über den Hinterhof in Sicherheit gebracht. Die Feuerwehrleute beendeten ihren Einsatz vor Ort gegen 24 Uhr: "So etwas in der Art hat noch keiner von uns gesehen."

Riesige Ausmaße der Verwüstung

Kurz nach 19 Uhr trafen die ersten Streifen in der Hardstraße ein, für die Polizei – wie wohl für alle – ein außergewöhnlicher Großeinsatz. Auch Pressesprecher Michael Konrad spricht angesichts des Ausmaßes der Verwüstung und des Anblicks der brennenden Fahrzeuge, der Flammen, die auf das Haus übergriffen und der total beschädigten Autos von "Glück im Unglück". Wenn man die Bilder sieht, kann man erahnen, welche Wucht und welche Gewalt dahinterstand, als der Lkw die Straße entlanggefahren ist und die Autos teilweise vor sich hergeschoben hat. Da gibt es Unfälle, die weitaus weniger Umfang haben und deutlich mehr Verletzte haben."

Auch bei Tageslicht habe das ganze noch immer verheerend ausgesehen. Und es sei anhand der Bilder schwer zu glauben, dass es sich dabei um einen Unfall handelte. "Da denkt man eher an einen großen Katastrophenfall", sagt Konrad. "Vor allem für einen Unfall, der im Stadtgebiet stattgefunden hat, hatte das schon riesige Ausmaße." Die Arbeit der Polizei hat erst richtig begonnen: Die Ermittlungen zum Hergang sind noch lange nicht am Ende. "Wir haben einen Gutachter eingeschaltet, der Fahrer wird einem Ermittlungsrichter vorgeführt. Das wird bis zum Abend noch nicht alles aufgelöst sein."

"Wie nach einem Großangriff"

Um 19.16 Uhr ging beim Rettungsdienst des Bayerischen Roten Kreuz (BRK) der Alarm ein, wenig später waren Einsatzleiter Axel Rupprich, zwei Rettungswagen, eine Schnelleinsatzgruppe und eine Notärztin vor Ort. Später folgten zwei weitere Rettungswagen, insgesamt seien 22 Helfer mit der Ärztin und dem Einsatzleiter vor Ort gewesen. Axel Rupprich ist seit 1988 im Rettungsdienst tätig, seit über 30 Jahren als Einsatzleiter. Ein solches Bild wie am Dienstagabend in Fürth hat sich ihm in seinem bisherigen Berufsleben noch nicht geboten: "Das hat ausgesehen wie im Kriegsfall, nach einem Großangriff, das muss man schon dazu sagen." Glück im Unglück sei das gewesen – "ob das der Brand war oder all die betroffenen Fahrzeuge – dass da niemand drin gesessen hat oder unter ein Fahrzeug drunter gekommen ist. Das ist ein glücklicher Umstand."

Wenn so etwas auf der Autobahn passiere, gäbe es sicher Schwerstverletzte und Tote zu beklagen, so Rupprich. "Das haben wir zum Glück nicht gehabt. Der ein oder andere war sicher schockiert, was natürlich verständlich ist, aber - Gott sei Dank - irgendwann muss es sich ja mal auszahlen, dass wir ein Kleeblatt als Stadtwappen haben." Anwohnern, die den Einsatz nur schwer verarbeiten können, rät Rupprich, keine Scheu zu haben - und um Hilfe zu bitten: "Wenn man alles hat mal sacken lassen", sagt er, komme oft einiges hoch. "Das dauert immer eine gewisse Zeit. Der Hausarzt ist da der richtige Ansprechpartner, er kann dann weiter beraten."

Große Anspannung vor dem Einsatz

Als einen "Einsatz, den man nicht alle Tage erlebt" beschreibt auch Jürgen Teichert, Ortsbeauftragter des Technischen Hilfswerks in Fürth den Dienstagabend in der Hardstraße. Die Integrierte Leitstelle Nürnberg alarmierte um 20.02 Uhr. Nach einer Besprechung vor Ort mit einem Baufachberater und Christian Rieck, dem Einsatzleiter der Fürther Feuerwehr, rief Teichert 28 Einsatzkräfte zu der Unfallstelle. "Als ich dort ankam, war meine erste Frage 'Wie viele Verletzte und geschädigte Personen gibt es?' Sachwerte kann man immer ersetzen, Menschenleben aber nicht", sagt er. "Als ich mich mit der Einsatzleitung vom Roten Kreuz besprochen habe und gehört habe, dass es drei Leichtverletzte gibt, ist schon einiges an Anspannung abgefallen."

Anschließend sei die "Maschinerie" in Gang gekommen, um die Einsatzaufgaben bestmöglich abzuarbeiten. Das THW war vor allem für die Gebäudesicherung zuständig, das Haus ist im Moment nicht bewohnbar. "In der Zwischenzeit wurden außerdem rund 20 der beschädigten Fahrzeuge zu uns gebracht, die stehen jetzt beim THW. Da setzen wir uns jetzt mit den Verantwortlichen in Verbindung." Vier der Fahrzeuge sind komplett ausgebrannt, der Rest ist sehr schwer beschädigt. "Man hat immer den Gedanken vor sich, wenn da zum Beispiel eine Schulklasse herumgelaufen wäre - das möchte man wirklich nicht erleben."

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