Freiwillige sind keine Riesenrindviecher

8.2.2017, 21:00 Uhr
Freiwillige sind keine Riesenrindviecher

© Foto: Athina Tsimplostefanaki

„Ich musste bei meinem Amtsantritt vor zwölf Jahren auch neue Strukturen schaffen“, sagt die gebürtige Pfälzerin, die seit 1961 in Fürth lebt, mit Blick auf die Nürnberger Organisationsprobleme. Was sie kritisiert, ist die in der Nachbarstadt vertretene Auffassung, dass qualitativ hochwertige Arbeit nur mit hauptamtlichen Kräften geleistet werden könne. Cieplik: „Das würde ja bedeuten, dass wir Freiwilligen hier Riesenrindviecher wären.“

Dem Nürnberger Tafelvorstand, der, wie berichtet, im vergangenen Oktober entnervt das Handtuch geworfen hatte, hält sie vor, sich nicht genug informiert zu haben über das, was da alles auf ihn zukommt. „Man muss sich permanent kümmern, Kontakte zu Sponsoren pflegen, Dankbarkeit zeigen und mit den Menschen im Gespräch bleiben“, beschreibt die Fürther Tafel-Vorsitzende, was notwendig ist, um genug Unterstützung zu bekommen.

Im vergangenen Herbst hat die Fürther Tafel nach den Worten ihrer Chefin außerordentlich viel Unterstützung erfahren. Dazu trugen auch wieder der Tafelbasar und die Organisation „Ritter der Tafelrunde“ bei. Neben Spenden seien immer wieder neue Helfer nötig, damit der Laden läuft. Nur im kundenschwachen August gönnt sich das Fürther Tafel-Team eine zweiwöchige Auszeit. Doch selbst diese Pause wird genutzt, um die Ausgabestellen und Lagerräume gründlich zu reinigen und die Ausstattung zu überholen. Zuletzt wurden die Kühlräume in der Mathildenstraße generalsaniert. In Nürnberg hatte Cieplik wiederholt als Beraterin fungiert; allerdings musste sie enttäuscht feststellen, dass ihre Anregungen beim dortigen Tafelvorstand nur wenig Gehör fanden. Dass die Fürther allerdings organisatorisch in der Nachbarstadt einspringen, schließt sie kategorisch aus. Das wäre in Ciepliks Augen dann doch eine Nummer zu groß, um noch flexibel auf die unterschiedlichen Anforderungen vor Ort reagieren zu können.

Während den Helfern in Nürnberg Überlastung zu schaffen machte, läuft der Tafelbetrieb in Fürth scheinbar problemlos. Dabei kann man sich auch hier über Mangel an Arbeit nicht beklagen. Acht Ausgabestellen – davon fünf im Landkreis – betreibt die Fürther Organisation mit rund 400 Ehrenamtlichen. Zehn waren es einmal, bevor die städtischen Stützpunkte bei der Lebenshilfe und in der Kalbsiedlung aufgegeben wurden.

Allein in der Stadt werden wöchentlich 18 bis 20 Tonnen gespendete Lebensmittel und Hygieneartikel für einen symbolischen Preis an zuvor registrierte Bedürftige mit Ausweis verteilt. In Nürnberg müssen dagegen rund 150 Helfer wöchentlich 25 Tonnen Waren an sechs Stützpunkten ausgeben. Etwa 6000 Kunden in der Noris stehen rund 5000 in Fürth gegenüber.

Umstrittene Trägermodelle

Besser als Nürnbergs Tafel ist auch die Erlanger mit Helfern ausgestattet, dort verteilen 180 Freiwillige wöchentlich neun Tonnen. In der Hugenottenstadt unterstützt zudem das Diakonische Werk den Tafelverein unter dem Dach der Stadtmission bei der Versorgungsaufgabe. Die Nürnberger konnten sich nach dem Rücktritt des Tafelvorstandes bei ihrer jüngsten Mitgliederversammlung jedoch nicht zu einem Trägermodell mit dem Roten Kreuz oder der Stadtmission durchringen.

Die Aufgabe der Selbstständigkeit wäre in den Augen von Traudel Cieplik allerdings „jammerschade“, weil dadurch die Handlungsfreiheit stark eingeschränkt würde. Kommunale Unterstützung sei hingegen „ein wesentlicher Baustein zum Erfolg“. Die Fürther Tafel erhält zum Beispiel einen großzügigen Mietkostenzuschuss.

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