Krafttraining ist in jedem Alter möglich

17.12.2009, 00:00 Uhr
Krafttraining ist in jedem Alter möglich

© Riedl

Herr Milchthaler, stimmt es, dass früher zum Gewichtheben beim MTV bis zu 700 Zuschauer kamen?

Milchthaler: Wir waren von 1977 bis 1980 in der Bundesliga, das waren tolle Zeiten. Seit 1980 bin ich Abteilungsleiter. Bis 1984 hatten wir noch eine Mannschaft, bevor sich die Gewichtheber-Abteilung aufgelöst hat. Dann kam der Fitness-Boom, und ich habe die neu gegründete Fitness-Abteilung von 30 zwischenzeitlich bis auf 300 Mitglieder erweitert.

Auf welche Ihrer eigenen Leistungen sind Sie denn besonders stolz?

Milchthaler: Ich war 15 Mal bayerischer Meister und einmal Dritter bei der deutschen Meisterschaft. Meine beste Leistung war 1980 mit 42 Jahren, als ich 145 Kilo gestoßen habe.

Sie sprachen den Fitness-Boom an, der ungehindert anhält, mehr denn je in Studios. Was bedeutet diese Konkurrenz für Ihre Abteilung?

Milchthaler: Die Studios bieten den Vorteil, dass die Leute kommen und gehen können, wann sie wollen. Viele wollen heutzutage, wenn sie Fitness machen, unabhängig sein. Im Verein hat man den Vorteil der Kollegialität und des gemeinsamen Trainings. Gerade Jugendliche finden bei uns feste Ansprechpartner und vom Bayerischen Landessportverband ausgebildete Übungsleiter.

Was bringt Fitness-Training dem Sportler?

Milchthaler: Wir wollen gerade Jugendliche motivieren, etwas für ihren Körper zu tun. Wenn Jugendliche bei uns trainiert haben, sind sie ruhiger, denn sie können sich hier ausleben. Aber auch ältere Menschen, die das eine oder andere Zipperlein haben, kommen zu uns. Nach ein paar Wochen fühlen sich die meisten schon besser. Unseren Sport kann man in jedem Alter anfangen.

Welche körperlichen Fortschritte sind mit Fitness-Training möglich?

Milchthaler: Sowohl Gewichtsreduktion als auch Gewichtszunahme, natürlich in Verbindung mit entsprechender Ernährung. Bei Verletzungen kann man bei uns gezielt Muskelaufbau betreiben. Wer fit werden will, kann Zirkeltraining machen. Das regt den Kreislauf an und die Muskulatur. An den Langhanteln kann man darüber hinaus Krafttraining betreiben. Ganz wichtig ist es, Ruhepausen einzuhalten. Ein Muskel, der gereizt wird, braucht auch Erholung. Man muss auch darauf achten, ausgeglichen zu trainieren und beispielsweise die Beine nicht zu vernachlässigen, nur weil man starke Arme möchte.

Viele Menschen leiden an Rückenproblemen. Hilft ihnen das Training?

Milchthaler: Oft ist die Ursache von Rückenleiden, dass die Stützfunktion der Muskulatur um die Wirbelsäule durch zu wenig Bewegung fehlt. Wenn man diese Muskeln trainiert, wird die Wirbelsäule besser gestützt, die Bandscheibe entlastet und der Rückenschmerz verschwindet im besten Fall.

Wie wichtig ist Krafttraining auch für andere Sportarten?

Milchthaler: Skifahrer oder Eisläufer benötigen zum Beispiel Kraft in den Oberschenkeln, aber auch Fußballer oder Handballer können sich durch Krafttraining verbessern und Verletzungen vorbeugen.

Gewichtheben als Sport erfreut sich heute keines großen Zuspruchs mehr. Warum ist das so?

Milchthaler: Weil es eine Schinderei ist. Man muss sich anstrengen, diszipliniert arbeiten, der Sport ist wenig angesehen.

Könnte nicht auch der schlechte Ruf wegen Dopings ein Grund sein, den ja auch die Fitness-Szene insgesamt hat?

Milchthaler: Heute wird im Gewichtheben viel kontrolliert, auch unangemeldet. Das ist gut und richtig. Das Ziel eines Trainers sollte es aber sein, einen Jugendlichen so weit zu bringen, dass er innerlich so stark ist und sagt, er braucht das nicht. Natürlich gibt es im Fitness-Bereich Mittel, mit denen man schnell Muskelzuwachs erreichen kann. Wer diese Mittel nimmt, hat allerdings das Problem, sein Leben lang trainieren zu müssen, damit die Masse nicht wieder in Fett umgewandelt wird.

Welcher Aufwand ist nötig, um Gewichtheben als richtigen Sport zu betreiben?

Milchthaler: Man muss drei bis vier Mal pro Woche trainieren, und zwar intensiv. Dabei bewegt man pro Training insgesamt rund 15 bis 20 Tonnen an Gewicht. Für die unteren Bereiche kommt man auch mit zwei Mal Training pro Woche hin. Man muss ja nicht immer gleich in Richtung bayerische Meisterschaft gehen.

Interview: MARKUS RIEDL