Szenen eines Jahres

FÜRTH (di) - Zukunftsträchtig ist die Arbeit des Vacher Originals Friedemann Streit. Wenn andere noch im Hier und Jetzt weilen, wagt er sich bereits ins Morgen. Wie seit vielen Jahren, hat er auch heuer wieder als einer der Ersten einen Kunstkalender für das kommende Jahr produziert.

Die Linol- und Holzschnitte des mittlerweile 17. Kunstkalenders drücken neben Streits Freude an Natur und Umwelt das Interesse des Künstlers an den Menschen aus. Viele der Kalenderblätter erzählen Geschichten, die Friedemann Streit selbst erlebt hat. Liebevoll aber auch kritisch setzt sich Streit dabei vor allem mit Ereignissen in seiner schlesischen Heimat und den Anfängen als Heimatvertriebener in Fürth auseinander. Aus dem Leben gegriffene Szenen und originelle Begebenheiten, die Schlaglichter auf die Situationen der Menschen werfen.

Die Schnitte überzeichnen mit karikierendem Einschlag. Das macht sie unterhaltsam. Informativ werden sie durch ausführliche Beschreibungen im Anhang. Dabei lässt Streit auch seiner Liebe zur Fürther Mundart und seiner poetischen Ader freien Lauf.

Die Erläuterungen im Anhang werfen Schlaglichter auf Lebenssituationen. Zum Beispiel auf den Hunger in der Nachkriegszeit: «Wir Kinder von Heimatvertriebenen waren als Bewohner des DynamitLagers in Fürth im Jahr 1947 immer noch auf spärliche Lagerverpflegung angewiesen, da wir keine Lebensmittelkarten bekamen. Oft liefen wir zur warmen Sommerzeit barfuß und nur mit einer schwarzen Turnhose bekleidet umher. So trabten wir bisweilen den alten Ludwig-Donau-Main-Kanal entlang bis zur Königsmühle an der Gründlach und bettelten manchmal zu zehnt um Brot. Die freigiebige Müllerin gab uns stets reichlich».

Am liebsten erzählt Streit originelle Geschichten, die er in einer prägnanten Szene festhält Zum Beispiel diese: «Hansi, der achtjährige Bub eines Kleinbauern, sollte am Heiligen Abend, weil der Stall von den Eltern ausgemistet wurde, auf die drei Schweinchen aufpassen, die sich im tiefen Schnee, bei dem das Hoftor nicht geschlossen werden konnte, tummelten. Inzwischen wurde es finster. Hansi schlich sich neugierig zum Wohnzimmerfenster, um zu sehen, ob das Christkind vielleicht da gewesen war. Es war nichts zu sehen, auch von den Schweinchen nicht, als er sich umwandte. Heulend lief er zu den Eltern, die sich sofort mit einer Laterne auf die Suche machten. Alles Schreien und Locken half nicht. Traurig heimkehrend erlebten sie, dass ihnen die drei Ausreißer grunzend am Hoftor hinterher kamen. Die Familie war glücklich. Hansi am meisten.»

Den 2009er Kalender gibt es bei Friedemann Streit, Buchfinkenweg 7 in 90768 Fürth, Telefon (0911) 761490 zum Selbstkostenpreis von zehn Euro. Als Dreingabe: ein Originaldruck mit einem Motiv von Flocke.