Witzig, aber anfangs ziemlich zäh

28.1.2008, 00:00 Uhr
Witzig, aber anfangs ziemlich zäh

© Scherer

Die Premiere der Jubiläums-«Sidzung», der «Jubel-15ten», von heuer insgesamt vier Abenden ging am Freitag im großen Saal des Kulturforums über die Bühne. Reichlich dünn hallte der Schlachtruf «Gulli! Gulli!» der «Anti-Mützendeppen» im Publikum wider. Kein Wunder, klafften im Zuschauerraum doch gewaltige Lücken.

Etwas mehr als die Hälfte der Biertische war diesmal leer geblieben. Woran das lag, blieb eine der spannendsten Fragen des Abends. Vielleicht war der saftige Eintrittspreis schuld, vielleicht hatten viele Fürther die traditionelle Veitshöchheimer Faschingssitzung im Fernsehen vorgezogen . . . Von Jubelstimmung wie in den vergangenen Jahren, so viel steht fest, konnte diesmal leider keine Rede sein.

Und das, obwohl die Dullnraamer wieder tief im Sumpf von Politik und Showbusiness wühlten. Doch bis das Narrenschiff so richtig in Fahrt kam, dauerte es einen zähen Jubiläumsjahr-Test, eine unergründliche Soldaten- und eine dümmliche «Fall-Marco»-Nummer lang.

Dafür machte die neue Band mit Udo Seidel, Phillip Renz, Jochen Sorg, Pete Mayhew von Anfang an mit rocklastigen Songs ziemlichen Druck. Druck gab es inhaltlich indes auch für den Klerus: Kardinal Meißners Äußerung über «entartete Kunst» parierten die Dullraamer mit einem Song, frei nach Ina Deter: «Ich sprüh’s an jede Wand: Meißner raus aus unserm Land!»

Auch Familienministerin Ursula von der Leyen bekam eins übergebraten mit einem rotzigen Song der «Undercover-Kids», und selbstverständlich wurde «Ma Merkel» - frei nach Boney M. - auf die Schippe genommen.

Leider waren die Songtexte akustisch allesamt nur mit größter Konzentration zu verstehen. Völlig unpolitisch, dafür aber urkomisch geriet die Odyssee, die ein gewisser Fritz K. aus E. bei seiner Fahrt zum Faschingsball in N. über F. erlebte und erlitt. Denn - und das hallte im Publikum spontan wieder - «das hätte er nicht tun sollen». Allerdings hätte er dann nicht Betty G-Punkt getroffen . . .

Der Raucher als Brüller

Zum Brüller wurde der doppelt leidgeprüfte Raucher, der auf dem elektrischen Stuhl einer schmerzhaften Befragung unterzogen wurde. Und ein weiteres Highlight: Uwe Weiherer glänzte mit köstlicher Mimik und Gestik als «Herr H.», der mit alles sagendem Schnauzbart, Haarlocke in der Stirn und typischer Grußhand «seine Eva» als tapferes, braves Mädchen lobte.

Etliche Themen, die geniale Steilvorlagen geboten hätten - etwa Roland Koch, Nicolas Sarkozy, Eisbär-Mädchen Flocke oder Osama-Obama - hakten die Kanalratten leider nur im knappen Stichwort-Modus ab.

Abgesehen von einigen Längen und Durchhängern wie der «Koalitionsgestaltungstherapie-Sitzung» gelang der größtenteils völlig neuen Mannschaft um die beiden Dullnraamer-Motoren Ute und Uwe Weiherer eine witzige und geistreiche «Sidzung» mit einer gelungenen Mischung aus Wort-Nummern, großem Showaufgebot mit Gesang, Publikumsbeteiligung, knackigem Rock und den wie gewohnt witzigen Videoclips. MARION REINHARDT