Abschied vom Architektenwettbewerb

25.11.2011, 13:00 Uhr
Abschied vom Architektenwettbewerb

Architektenwettbewerb oder Dialogverfahren? Joachim Schmidt gab sich keine Mühe zu verbergen, wie verärgert er ist. „Ich weiß schlicht und ergreifend nicht, was besser ist“, bekannte der CSU-Fraktionschef, „als ehrenamtlicher Stadtrat stoße ich hier an Grenzen“. Das, kritisierte Schmidt, liege auch daran, dass die Alternative abrupt auf den Tisch gekommen sei — nachdem den Lokalpolitikern zuvor stets „vorgebetet worden“ sei, dass man nur per Wettbewerb das Optimum erreichen könne.

Wie berichtet, hatten Oberbürgermeister Thomas Jung und Wirtschaftsreferent Horst Müller auf Anregung der Firma MIB, künftiger Bauherr des Einkaufsschwerpunkts, empfohlen: Man solle auf den von Beginn an vorgesehenen Architektenwettbewerb verzichten, weil bereits vorliegende Entwürfe des MIB-Hausarchitekten James Craven doch durch die Bank auf positive Resonanz gestoßen sind. Deshalb könnte man in einer Art Beirat, der überwiegend mit Architektur-Fachleuten besetzt sein soll, an Cravens Ideen weitertüfteln.

Schnell wurde klar: Ein weiterer maßgeblicher Vertreter der Stadt ist anderer Meinung: Baureferent Joachim Krauße teilte auf FN-Anfrage mit, er plädiere für das Festhalten am ursprünglichen Ablaufplan. Vor dem Stadtrat untermauerte Krauße dies wortreich. Craven, der in seinen optischen Animationen eine starke Ausrichtung der Neubauten am Fürther Stadtbild erkennen ließ, habe lediglich „eine Philosophie vorgelegt, keinen Entwurf“, sagt Krauße.


Zudem, findet der Baureferent, „sind bei einem Bauwerk dieser Bedeutung möglichst viele Vorschläge nötig“. Dieser Einschätzung hatten sich in einem offenen Brief am Tag vor der Sitzung auch jene Architekten angeschlossen, die der Kommune im städtischen Baukunstbeirat Ratschläge geben.

Die Gefahr, in einem Wettbewerb möglicherweise allzu abstruse Ideen präsentiert zu bekommen, sei durch einen „durchdachten Auslobungstext“ zu minimieren, der Vorgaben im Sinne von Stadt und Investor macht, glaubt Krauße. Vertreter der Firma MIB halten dagegen: Bei derartigen Einschränkungen könne man keine qualifizierten Architekturbüros mehr für einen Wettbewerb gewinnen. Deshalb empfehle man den „offenen Diskussionsprozess“ in einem „kooperativen Dialogverfahren“. Man sei überzeugt, auf diese Weise „die Erwartungen der Fürther in dieses wichtige Vorhaben nicht zu enttäuschen“, so MIB-Chef Uwe Laule.

Nach Ansicht des SPD-Fraktionsvorsitzenden Sepp Körbl ist Qualität durch das Architekturbüro von James Craven gewährleistet, das „weltweit renommiert“ sei. Auch im Dialogverfahren sei zudem „geballter Sachverstand“ zu erwarten. Körbl räumte jedoch ein, dass in seiner Fraktion zwar die meisten, aber nicht alle seiner Meinung sind.

Dass ein Wettbewerb Chancen biete, gestand OB Thomas Jung zu, er warnte aber auch vor den Risiken. Man sei an die Siegerentwürfe gebunden, sagt Jung, das habe sich bei anderen Fürther Bauprojekten als Hemmnis entpuppt und Projekte verzögert. Grünen-Stadtrat Harald Riedel wiederum ist der Meinung, dass man mit einer Entscheidung gegen den Wettbewerb „die Katze im Sack kauft“; der fraktionslose CSU-Rat Siegfried Tiefel sieht den Einfluss der Stadt auf die Gestaltung schwinden.

Die konträren Meinungen schlugen sich im Abstimmungsergebnis nieder: Quer durch alle Reihen gab es Pro und Kontra — und so viel Verwirrung, dass zweimal gezählt und am Ende gar namentlich votiert werden musste, um jeden Zweifel an der korrekten Mehrheit auszuräumen.

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