"Adler" und Klimawandel: Wie viel Nostalgie ist erlaubt?

28.7.2019, 11:03 Uhr

© Archivfoto: Hans-Joachim Winckler

Das Nürnberger DB Museum bietet zurzeit wieder Fahrten mit dem legendären "Adler" an, der erstmals 1835 zwischen Nürnberg und Fürth verkehrte. Viermal legte das schwarze Eisenross am vergangenen Sonntag die Strecke zurück, vier Fahrten stehen an diesem Sonntag auf dem Fahrplan. Alle sind ausverkauft.

Fürth Hauptbahnhof, Gleis sieben: Dichtes Gedränge herrschte hier am vorigen Sonntag. Erwartungsfroh wie kleine Kinder an ihrem Geburtstag kauerten Menschen aller Altersgruppen in den offenen Wagen dritter Klasse auf Holzbänken. Und als der Nachbau der Original-Lok aus dem Jahr 1935 gen Noris schnaubte und sein Schornstein schwarze Wolken in den blauen Himmel blies, winkten sie den Zurückbleibenden fröhlich zu.

Hier die Bilder aus dem Nürnberger Hauptbahnhof:

In Zeiten des Klimawandels werden viele Verhaltensweisen hinterfragt: Das fängt bei Flugreisen an und hört beim Wäschetrockner längst nicht auf. Selten aber zeigt sich die Belastung der Umwelt so offensichtlich wie bei einer qualmenden Lok.

Ein FN-Kurzvideo von der Adler-Abfahrt in Fürth stößt im Internet seit vergangenem Sonntag auf große Sympathie, in die sich einige nachdenkliche Kommentare wie dieser mischen: "CO2- Werte sind hier egal!". Muss man also beim Nostalgietrip ein schlechtes Gewissen haben? Museumsleiter Oliver Götze ist kein Schadstoffexperte, glaubt das aber ganz und gar nicht.

Natürlich stoße der mit Steinkohle betriebene "Adler" Schadstoffe aus. In welchem Umfang, könne er auf Anhieb nicht sagen, "das müssten wir erst mal untersuchen". Sein Haus debattiere jedenfalls mit Museen in Europa über alternative Befeuerungsarten von Dampflokomotiven, um die Emissionen deutlich zu reduzieren. Es gebe dazu auch schon Versuche, aber noch nichts Definitives.

Götze findet, "es wäre eine Idee", die Emissionswerte festzustellen und mit denen anderer Verkehrsereignisse zu vergleichen. Er geht davon aus, dass der CO2-Ausstoß des "Adlers" weit unter dem einer Kanal-Kreuzfahrt oder eines Staus auf dem Frankenschnellweg liegt und gibt zu bedenken: Der "Adler" schnauft ja nur alle zwei bis drei Jahre auf kurzer Distanz.

Die großen Abstände erklärt Götze vor allem mit der logistischen Herausforderung. Denn für die historischen Fahrten müssten im hochfrequentierten Verkehrsknotenpunkt Nürnberg Trassen frei sein, der "Adler" brauche einen eigenen Fahrplan und eine Fahrberechtigung. Die hohen Ticketpreise (Erwachsene: 40 Euro, Kinder: 20 Euro) erklärt Götze damit, dass das Museum die DB Netz für die Trassennutzung und die DB Station und Service für die Erlaubnis, in den beiden Bahnhöfen halten zu dürfen, bezahlen muss. "Wir machen da keinen Gewinn."

Wer für diesen Sonntag Tickets hat oder den "Adler" zwischen 10 und 16.45 Uhr einfach nur vom Bahnsteig aus sehen möchte, findet alle Abfahrts- und Ankunftszeiten online auf der Museumsseite. Oliver Götze bittet darum, die Seite im Blick zu behalten, weil kurzfristige Änderungen möglich sind.

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