Allem Anschein nach bist du’s

24.2.2018, 17:59 Uhr
Allem Anschein nach bist du’s

© Foto: Markus Kohler

Der Mann kann’s. Zum Beispiel Kontrabass spielen ohne Kontrabass. Klingt richtig gut, wenn Stefan Gwildis mit seinen Stimmbändern den Sound des unhandlichen Instruments produziert. Unhandlich ist an diesem Abend ansonsten absolut gar nichts. Der Sänger, der gerne mal mit Superlativen wie "die schwärzeste Soulstimme Deutschlands" angekündigt wird, verbrüdert sich im Handumdrehen mit dem Fürther Publikum und hat mühelos einen Chor zur Seite, der sich nicht lange bitten lässt.

So viel zum Thema Nordlicht – Gwildis ist Hamburger – bei den Franken. Überhaupt scheint hier zusammenzukommen, was sich doch schon ganz gut kennt. Die Songs, die in der Comödie auf seinem Programm stehen, werden begrüßt wie alte Bekannte. Ein Klassiker von Bill Withers taugt zum Einstieg als Eisbrecher. "Ain’t no Sunshine" eroberte 1971 die Charts, bei Gwildis, der bei all seinen Coverversionen deutsche Texte unterlegt, wird daraus "Allem Anschein nach bist du’s".

Kann man machen. Nicht immer schmiegen sich die Übersetzungen wirklich elegant an die vertrauten Melodien. Ein bisschen Zungenakrobatik ist auf Deutsch schon manchmal nötig, etwa wenn der große Temptations-Hit "Just my Imagination" zu "Nur in mei’n Gedanken" wird. Aber was soll’s. Entschieden wichtiger ist der Fangemeinde auf jeden Fall die Art, mit der der versierte Könner die Evergreens zu seinen höchstpersönlichen Nummern macht. Sein Stil ist kraftvoll, energisch und mit einem dezent ironischen Blick auf die ganz großen Gefühlskisten.

Attribute, die erst recht zum Tragen kommen, wenn der 59-Jährige zu seinem eigenen Song-Material greift. Da laufen dann nicht nur alle Zeilen rund, sondern schwingen sich sogar übermütig zu verschmitzten Anspielungen auf, für die gerne mal Shakespeare herhalten darf ("Vergleicht man sie mit einem Sommertag. . ."). Der Entertainer, der mit Charme und Routine durch den Abend lotst, kann längst mit dem sanften Heben einer Augenbraue Zurufe und Choreinsätze dirigieren. Artig bedankt er sich, dass man ihm den Vorzug vor dem zeitgleich im Fernsehen laufenden ESC-Vorentscheid gegeben hat. Ein Thema, bei dem er mitreden kann. 2005 bewarb er sich, per Publikumsentscheid wurde damals Gracia nach Kiew geschickt. Richtig, es gab vier Punkte und den letzten Platz.

In der Comödie wird Stefan Gwildis am Flügel von Tobias Neumann begleitet. Eine höchst einfühlsame Zusammenarbeit, die kurz vor Schluss tatsächlich auch noch vierhändig wird, weil der Sänger zu Dave Brubecks "Take Five" sehr enthusiastisch die Grundmelodie darbieten kann. Zum Abschied gibt es noch einen Klassiker. "Sittin’ on the Dock of the Bay" von Otis Redding heißt jetzt "Mitten vorm Dock Nr. 10" und groovt herzerwärmend, bevor es aus der Kuschelzone wieder hinaus in die kalte Fürther Nacht geht.

Verwandte Themen


Keine Kommentare