Alter Goldschmuck finanziert den Urlaub

2.2.2013, 10:00 Uhr
Alter Goldschmuck finanziert den Urlaub

© Horst Linke

Den typischen Goldverkäufer gibt es nicht. Mal will ein junges Paar die von den Großeltern geerbten Münzen zu Geld machen. Mal verhökert ein Patient, der eben noch auf dem Zahnarztstuhl saß und eine neue Krone erhalten hat, die alte goldene. Und mal bringt die türkische Familie den hochwertigen Goldschmuck, den es in ihrer Kultur traditionell zur Hochzeit geschenkt bekommt.

Anita Ritzmann beschreibt das so: „Unsere Kundschaft reicht vom Jugendlichen, der auf der Straße etwas gefunden hat, bis zur Dame, die ihr Geschmeide veräußert.“ Sie arbeitet für die Firma Edelmetallhandel aus Nürnberg, die auch einen Laden in der Fürther Innenstadt betreibt. Ihre Chefin Heike Denzer ergänzt: „Etwa 95 Prozent der Sachen, die uns angeboten werden, sind völlig aus der Mode gekommen oder defekt.“

Ihren Zweck erfüllen sie dennoch: Mit dem Erlös leisten sich viele einen Urlaub, kaufen neuen Schmuck oder bezahlen Rechnungen. „Neulich kam ein Ehepaar zu mir, das seine Heizung erneuern musste. Die paar Tausend Euro finanzierten sie, indem die Frau einige alte Schmuckstücke ausrangierte“, berichtet Karl Braumandl aus dem Fürther Laden der Firma Edelmetallrecycling, die 25 Ankaufstellen in Süddeutschland betreibt.

Aus echter Geldnot verscherbele nur ein geringer Teil der Kunden sein Altgold, so Braumandl. In den Augen von Heike Denzer haben diese Fälle zwar etwas zugenommen, aber die meisten wollten tatsächlich alten Ballast loswerden. Das wiederum ist lohnender denn je, da der Goldpreis auf einem Allzeithoch rangiert. Um die 1670 US-Dollar kostet die Feinunze derzeit, noch 2009 lag der Preis durchschnittlich unter 1000 Dollar.

Genau diese Entwicklung aber lockt viele schwarze Schafe an. Aktuell sorgt eine Masche für Furore, die die Händler „Autobahngold“ nennen. Dabei verkaufen Betrüger an Autobahnraststätten und anderswo vermeintlich echte Goldringe – für einen geringen Preis, obwohl sie an sich viel mehr wert seien. Oder sie legen das Schmuckstück auf die Straße, tun so, als würden sie es gleichzeitig mit jemand anderem finden und überlassen es demjenigen gegen einen kleinen Obolus. „Im Schnitt kommen täglich fünf Leute mit einem solchen Ring zu uns“, erzählt Heike Denzer, die bereits einen ganzen Sack voll dieser „Wertgegenstände“ hat. Den Betrogenen muss sie dann die Augen öffnen: Die Ringe sind aus poliertem Messing und damit wertlos.

Auch bei den Ankäufern trennt sich die Spreu vom Weizen; windige Händler speisen die Kunden mit viel zu geringen Preisen ab. Um ihnen zu entgehen, raten Braumandl und Ritzmann, sich vor dem Verkauf mindestens zwei Angebote einzuholen. Außerdem sollte man beim Wiegen und Prüfen von Schmuck oder Münzen dabei sein und sich erklären lassen, wie der Preis zustande kommt.

Neben spezialisierten Händlern und Juwelieren sind inzwischen auch Banken in das Geschäft mit dem Altgold eingestiegen. Die bayerische Landesbank etwa kauft seit Jahresbeginn entsprechenden Besitz ihrer Kunden auf; bei der Sparkasse Fürth testet man dieses Geschäftsfeld derzeit. Gleichwohl nutzen die Bankkunden das Edelmetall auch gern als Anlagemöglichkeit. „Gold ist eine Fluchtwährung; in jeder Krise steigt die Nachfrage danach“, bestätigt Sparkassen-Vertriebsleiter Stefan Hertel.

Erst kürzlich habe bei ihm ein Kunde bewusst kleine Goldmünzen gekauft, „damit er – sollten die nationalen Währungen durch die Eurokrise irgendwann nichts mehr wert sein – damit zahlen kann“. Hertel rät dazu, maximal fünf Prozent des Vermögens in Gold anzulegen. Zwar liegt der Goldpreis auf hohem Niveau, ist aber trotzdem heftig in Bewegung. „Und keiner weiß, was morgen passiert.“

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