Anton Hofreiter in Fürth: Zwischen Trauer und Tempo 30

21.2.2020, 22:40 Uhr
Anton Hofreiter in Fürth: Zwischen Trauer und Tempo 30

© Ron Hübner

Traktoren steuern die Stadthalle höchst selten an, am Donnerstagabend aber standen sie wie selbstverständlich da: etwa ein Dutzend, ordentlich geparkt am Straßenrand.

Die, die mit ihnen hergekommen waren, warteten vor dem Eingang auf Anton Hofreiter, den prominenten Gast aus Berlin. Der Spitzenpolitiker wollte seinen Fürther Parteikollegen ein wenig Wahlkampfhilfe leisten – im Fokus stand die Verkehrswende. Den rund 30 Landwirten ging es freilich um etwas anderes. Gerade die Grünen, so Andreas Geistmann, Sprecher der Bewegung "Land schafft Verbindung" in Mittelfranken, "reden zu oft über uns statt mit uns". Am Ende aber, nachdem sich Hofreiter einige Minuten lang ihren Anliegen gewidmet und ein weiteres Gespräch "in aller Ruhe" vorgeschlagen hatte, nahmen auch sie Platz, um zu hören, wie sich nach Ansicht des Grünen-Fraktionschefs Städte, Straßen und Schienen verändern müssten.

Dass an diesem Tag allerdings etwas ganz anderes ihre Gedanken beherrschte, machten Hofreiter und Kamran Salimi, Fürther OB-Kandidat der Grünen, gleich zu Beginn deutlich. Sie hatten zuvor an der kurzfristig vom Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus organisierten Kundgebung am Dreiherrenbrunnen teilgenommen, bei der der Opfer in Hanau gedacht wurde, und danach am Denkmal für die beiden Fürther Ernst Goldmann und Rudolf Benario innegehalten, die im Konzentrationslager Dachau ermordet wurden.

Tragischerweise, so Hofreiter, sei die Gewalttat in Hanau ja nicht die erste der jüngsten Zeit. Er erinnerte an den Anschlag in Halle, die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke – und die Anschlagsserie des NSU. Damals, als Untersuchungsausschüsse die fatalen Versäumnisse der Ermittler aufarbeiteten, "hatten wir die Hoffnung, dass allen klar wird, dass wir ein großes Problem mit Rechtsterrorismus haben". Eine der großen Aufgaben der nächsten Jahre werde es sein, die Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu verteidigen.

Daneben wartet die Herausforderung Verkehrswende. Sie müsse man angehen, so Hofreiter, um "die Klimakrise" und den damit verbundenen Anstieg des Meeresspiegels zu bekämpfen, der Millionen Menschen bedroht; aber auch, um denen gerecht zu werden, die ohne ein Auto auskommen müssen oder wollen, und die Lebensqualität in den dicht bebauten Städten zu verbessern.

Wenn die Bahn barrierefrei, bezahlbar und pünktlich wäre, wenn man sich seltener über Störungen ärgern müsste und Anschlüsse besser aufeinander abgestimmt wären, dann würden viele das Auto stehen lassen, meint Hofreiter. Ein Hexenwerk sei so eine gut funktionierende Bahn übrigens nicht. Man müsste aber mehr Geld in den Unterhalt stecken, die Planungs- und Baugeschwindigkeiten in Deutschland erhöhen und das Personal aufstocken, das plant und genehmigt.

Stadtgestaltung hat großen Einfluss

Auch viele Spediteure würden gerne noch mehr auf Güterzüge setzen, betonte der Fraktionschef. Doch das Netz sei ausgelastet, auf manchen Strecken gehe nichts mehr.

Durch eine kluge Stadtgestaltung könnten Kommunen zudem beeinflussen, wie fußgänger- und fahrradfreundlich sie sind. Sie können dafür sorgen, dass der Supermarkt, der Arzt, die Post gut erreichbar, die Busverbindungen gut sind. Schon jetzt sei der Personalmangel enorm, gab ein Busfahrer aus dem Publikum zu bedenken, die Arbeitsbedingungen seien schwierig. Zweifellos brauche es bessere Löhne, stimmte Hofreiter zu. "Und starke Gewerkschaften!"

"Gehen Sie wählen!"

Der Bund wiederum müsse seine Regelungen, etwa die Straßenverkehrsordnung, überarbeiten. So dass es zum Beispiel leichter für Kommunen werde, Tempo 30 anzuordnen.

Mit einer "großen Bitte" vor der Kommunalwahl verabschiedete er sich: Im Bundestag, dem historischen Reichstagsgebäude, liefen jetzt wieder Abgeordnete mit "faschistischen Ansichten" herum: "Gehen Sie wählen – und wählen Sie demokratisch!"

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