Antworten zum Roßtaler Skelettfund

7.11.2019, 21:00 Uhr
Antworten zum Roßtaler Skelettfund

© Robert Leyh

Was die Ausgräber 1988 unterhalb der Roßtaler Richtstätte namens Rabenstein entdeckten, ließ sie schaudern: ein menschliches Skelett. Dessen abgeschlagener Schädel war sorgfältig zwischen den Beinen drapiert, auf dem Brustkorb lag ein schwerer Stein, unter dem Toten fand sich ein bearbeitetes Eichenbrett und Nägel waren durch die Wirbelsäule und in den Schädel getrieben. "Wir haben erst einmal ein Vaterunser gebetet", erinnert sich der damalige Grabungsleiter Robert Leyh zurück.

War es ein Kriminalfall aus dem 18. Jahrhundert? Wurde eine Kindsmörderin verscharrt? Oder vollzogen abergläubische Menschen ein grausames Ritual, um sich vor einem Wiedergänger, landläufig auch Vampir genannt, zu schützen? Kunsthistoriker Robert Leyh, der sich selbst als einen Pionier der Richtstättenarchäologie sieht, glaubt, die Antworten auf die Rätsel gefunden zu haben.

Irreführende Ausstellung

Die Art und Weise, wie der Fund heute im Roßtaler Heimatmuseum präsentiert wird, führt allerdings völlig in die Irre. Ausgestellt sind nur noch Fragmente des ursprünglich fast kompletten Skeletts und dazu Knochen eines Kindes in einer gemeinsamen Vitrine. Die sterblichen Überreste des Säuglings wurden an anderer Stelle entdeckt und stehen in keinem Zusammenhang mit dem Fund unterhalb des Rabensteins.

Nach intensiver Forschung gibt Robert Leyh nun eine Schrift heraus, die für Aufklärung sorgen soll. Der in Wachendorf lebende Kunsthistoriker und frühere Leiter des Kriminalmuseums Rothenburg hat sich dazu nochmals in seine Aufzeichnungen von 1988 vertieft und in historischen Dokumenten nach Vergleichsfällen gesucht.

Seinen Beitrag dazu will er nach dem Roßtaler Martinimarkt verkaufen. "Das war auf keinen Fall eine Kindsmörderin", ist er überzeugt. Frauen, die wegen eines solchen Deliktes mit dem Tod bestraft wurden, hat man einfach irgendwo verscharrt, sagt er und kann dazu etliche historische Fälle zitieren. Die anthropologische Untersuchung von 1988 ergab, dass das Skelett sowohl weibliche als auch männliche Merkmale aufwies. Heute kann das augenscheinlich nicht mehr nachvollzogen werden, da die dafür wichtigen Knochenteile aus unbekannten Gründen fehlen. Sie sind bei diversen Transporten der menschlichen Überreste verloren gegangen.

"Es war ein drittes Geschlecht, ein Zwitter" , ist sich Leyh dennoch sicher. "Von der Norm abzuweichen, hat im 18. Jahrhundert schon gereicht, um verfolgt zu werden." Den endgültigen Beweis über den Chromosomensatz könnte aber nur eine DNA-Analyse bringen.

Alter Aberglaube

In dem Untersuchungsbericht von damals wird von mehreren Nägeln gesprochen, die durch den Körper geschlagen waren. Leyh geht davon aus, dass das kein Zufall war. "Die Menschen glaubten im 18. Jahrhundert an das Wiedergängertum. Sie versuchten zu verhindern, dass der oder die Hingerichtete zu den Lebenden zurückkehrt."

Die Nägel, der Stein, aber auch die mit Pech und Tonscherben verschlossene Wirbelsäule – all das sollte die Rückkehr des Untoten unmöglich machen. "Das ist die grausige Wahrheit", sagt der Kunsthistoriker in seiner Schrift.

Viel Unterstützung hat Robert Leyh bei der Ausgrabung vor über 30 Jahren vom damaligen Roßtaler Bürgermeister Karl Schubert erhalten. Ihn will er mit seiner Publikation würdigen. Deshalb hat er den SPD-Landtagsabgeordneten Horst Arnold, der Richter war, auch um ein Grußwort gebeten, das er seiner Schrift voranstellte.

Leyh kann auch Pläne vorlegen, auf denen der Fundort des Skeletts und damit die Stelle des Rabensteins genau eingemessen ist. "Ich bin der Einzige, der die genaue Lage kennt", sagt er. Es würde ihm viel bedeuten, dort einen kleinen Gedenkstein für den Toten zu platzieren. Und er stellt die grundsätzliche Frage, ob man menschliche Überreste in einer Vitrine in einem Museum wie in Roßtal präsentieren sollte.

Keine Kommentare