Auf den Spuren grenzenloser Mobilität

12.11.2010, 22:54 Uhr
Auf den Spuren grenzenloser Mobilität

© Marion Reinhardt

Bei der in München lebenden und 1978 in Dresden geborenen Susanne Kiesewetter zeigt sich das in einer umwerfend malerischen Umsetzung der Hektik des Schienen- und Straßenverkehrs. Mit verwischten Farbspuren gelingt es ihr, Schnelligkeit und Flüchtigkeit festzuhalten. Ihr Bild „Unter der Bahnbrücke, Dresden-Neustadt“ entfaltet den Charme des Morbiden einer Bahnunterführung mit rostigen Gusseisensäulen.

Blick für Stimmungen

Die Autos brausen förmlich durchs Bild — ihre Spiegelungen auf nassem Asphalt zittern, Leuchtspuren ihrer Scheinwerfer bannen die Hast auf Leinwand. Die freischaffende Künstlerin und Architektin über ihre Motive: „Es sind Orte, wo man schnell vorbeigeht. Jeder kennt sie, doch sie sind nicht blickwürdig.“ Doch Kiesewetter nimmt sich die Zeit, sie und ihre besonderen Stimmungen und auch das Licht zu studieren, um ein Gefühl für solche bestimmten Orte zu entwickeln.

Ihr Bild „Gleislandschaft im Schnee, Stuttgart Hauptbahnhof“ erinnert in der Betonung der Linien stark an Lionel Feininger, der sich ebenfalls mit dem Thema Eisenbahn beschäftigte, doch „viel emotionaler“, wie die Künstlerin betont. Eben mit einem ausgeprägten Empfinden für diese „Landschaft“ aus Horizontalen, Vertikalen und Diagonalen. Das strenge Liniengewirr aus Masten, Schienen und Leitungen hüllt die Künstlerin in ein schweres Kleid aus Schnee. Die Atmosphäre des Ortes steht im Vordergrund und auch hier lässt die Malerin mit dick gespachtelter Ölfarbe Details verschwimmen.

Bei dem französischen Künstler Dréhan dagegen zählen Kleinigkeiten. Er zeigt jeden Bolzen, jede Leitung, wie bei seinem „Adler“, einem ganz plakativen und realistischen Ausschnitt der Dampflokomotive von 1835. Und auch das ist ein Unterschied zu Susanne Kiesewetters Intention: Er malt nicht die Umgebung, sondern die tonnenschweren Kolosse selbst. „Sie sind wie Tiere“, erklärt der Autodidakt, der 1951 in Frankreich geboren wurde und in der Gascogne lebt.

Noch deutlicher wird das in seiner Arbeit „Die Lokomotive hält“. Neben der Genauigkeit und der Faszination für die Technik, bringt Dréhan hier einen weiteren Faktor ins Spiel, den Dampf. In dicken Schwaden vernebelt er den Blick auf die Maschine. Und in dem großformatigen Bild „QJ abfahrbereit II“ geht es schließlich nur noch um diese besondere Atmosphäre, die aus dem Kontrast der schwarzen Lok-Silhouette zu dem von Qualm durchzogenen Licht resultiert.

So gesehen haben die Bilder von Dréhan und Susanne Kiesewetter doch ganz Entscheidendes gemeinsam. Eine spannende Ausstellung, die durch historische und neue Spielzeug-Eisenbahnen ergänzt wird.

„Unterwegs – Bahn-Kunst“, Kundenhalle Sparkasse Fürth, Maxstraße 32, Bilder von Susanne Kiesewetter und Dréhan, zu den Geschäftszeiten, bis 7. Januar