Auf der Suche nach den Fürther Wohlfühlzonen

20.5.2012, 13:00 Uhr
Auf der Suche nach den Fürther Wohlfühlzonen

© Hans-Joachim Winckler

Dem Glück darf man auf die Sprünge helfen. Oder nicht? Natürlich könnte man zum Beispiel am Fürther Bahnhof Menschen, die hektisch auf der Suche nach einer der noch nicht vorhandenen Toiletten sind, nach ihrem Gemütszustand fragen. Muss man aber nicht zwingend. Stattdessen führt der Weg in den Stadtpark, in dem das Flair mindestens genauso international ist.

Auf der Suche nach den Fürther Wohlfühlzonen

© Hans-Joachim Winckler

Mariann Kiss (26) etwa kommt aus Ungarn. Auf der Rodelwiese hat sie sich mit Coline Eberhard aus Frankreich zum malerischen Picknick getroffen. Es gibt Erdbeeren, die Sonne scheint. „Ich bin sehr glücklich im Moment“, sagt Mariann. Vor drei Monaten zog sie nach Fürth, um Deutsch zu lernen.

Auf der Suche nach den Fürther Wohlfühlzonen

© Hans-Joachim Winckler

Die junge Frau, die aus Debrecen stammt, arbeitet als Kellnerin und liebt als Sängerin Jazz- und Bluessongs. „Zunächst“, gesteht Mariann, „sind mir die Deutschen ein bisschen kühl vorgekommen, aber sie öffnen sich rasch und sind unglaublich hilfsbereit.“ In ihrer ungarischen Heimat sei es etwas komplizierter, glücklich zu sein: „In Fürth kann man leichter entspannen und relaxen, es gibt mehr Gelegenheit dazu.“

Coline Eberhard aus Paris macht ein Praktikum im Lim-Haus und versichert lachend: „Die Franzosen lieben es, zu klagen. Selbstverständlich kann das Leben in vielen Punkten immer noch besser werden, aber ich denke, viele Franzosen sind trotzdem ziemlich glücklich.“

„Anderes Leben“

Freddy, so viel ist sicher, hat absolut keinen Grund zu klagen. Er saust durchs Gras, schnappt nach seinem Ball und ist augenscheinlich prächtiger Laune. Der Basset Hound ist mit Oana Stoica zu Gast in der Kleeblattstadt: „Ich komme aus Rumänien und besuche gerade meine Mutter, die nach Fürth gezogen ist.“ Sie sei glücklich, ohne Wenn und Aber. „Vermutlich würden rund 70 Prozent der Rumänen genauso antworten“, überlegt die 29-Jährige. „Vor allem die Jüngeren empfinden das wahrscheinlich so, die Älteren hatten es schwerer. Wir haben heute ein anderes Leben und können zum Beispiel problemloser auf weiterführende Schulen und Universitäten gehen.“

Wie schätzt sie das Dasein in Fürth ein? „Oh, ich mag es sehr, meine Ferien hier zu verbringen“, antwortet Oana diplomatisch und fügt hinzu: „Aber ich bin ein Big-City-Girl.“ Soll heißen, sie liebt große Städte: „Berlin wäre was für mich“, glaubt die junge Frau, die in Bukarest wohnt. „In Fürth fehlen mir unter anderem die Clubs und großen Diskotheken.“ Aber, fügt sie, charmant lächelnd hinzu, für ihre Mutter sei Fürth ganz prima.

Also doch lieber Fürther als Dreißigster? Eva Schießl jedenfalls weiß, was ihr gefällt: „So lange ich im Stadtpark bin, bin ich glücklich“, sagt die 66-Jährige. Sie wurde in Nürnberg geboren und hat mehr als 30 Jahre im Landkreis gelebt. Und ja, früher habe sie sich schon mal gefragt: Was kann man an Fürth finden? Seit sie vor neun Jahren hierher zog, hat sie eine Antwort: „Die Symbiose der Menschen in dieser Stadt ist einfach schön.“

Politik, Kirche und Humor seien auf besondere Weise miteinander verbunden. „Ich denke da an Leute wie den OB, den Dekan Jörg Sichelstiel, Volker Heißmann oder Evi Kurz — die trifft man einfach so, zum Beispiel auf dem Stadtfest. Das gefällt mir.“ Zugegeben, die Einkaufsmöglichkeiten sind noch nicht so optimal: „Aber wie begeistert alle vom Aufstieg der Fürther sind, das ist schon wieder ganz toll.“

Deutschland unter ferner liefen auf der weltweiten Glücksskala? „Das überrascht mich nicht“, sagt Steffen Schulze. Der 36-Jährige ist Lehrer an einer Mittelschule und hat eine Idee, warum das Ergebnis nicht besser ausfiel: „Hierzulande wird halt ganz gern gejammert, viele fühlen sich dauernd gestresst und kommen nicht dazu, sich mal Zeit für Glücksmomente zu nehmen.“ Schulze zögert nicht, bevor er entscheidet: „Ich bin glücklich, weil ich zum Beispiel Musik machen kann. Doch, mir geht’s gut.“

Ein nicht zu unterschätzender Aktivposten ist auch für ihn der Stadtpark. An einer der Tischtennisplatten beim großen Spielplatz ist er in ein Match mit Snježana Cerni vertieft. Die 36-Jährige stammt aus Bosnien, 1992 musste sie wegen des Kriegs fliehen. Eine Erfahrung, die die junge Frau geprägt hat. „Es ist schade, wenn man sich über Kleinigkeiten aufregt und nie zufrieden ist“, sagt sie. „Ich möchte einfach im Hier und Jetzt leben. Außerdem muss man auch mal dankbar sein für das, was gut ist.“ Snjezana ist pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte und freut sich, dass sie ab September wieder in die Schule gehen wird: „Dass man dabei sogar in meinem Alter vom deutschen Staat unterstützt wird, das macht mich sehr glücklich.“

Samy Grmane, „halb Marokkaner und halb Deutscher“ und Kristina Gantt haben es sich auf einer Bank beim Spielplatz gemütlich gemacht. „Natürlich kann man hier glücklich sein“, stellt der 22-Jährige sehr bestimmt fest. „Hier geht es doch niemandem wirklich schlecht. Selbst Obdachlose haben es besser als in anderen Ländern“, sagt der gelernte Veranstaltungsassistent.

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