Aus Steins Keimzelle erwächst Unmut

3.2.2018, 21:00 Uhr
Aus Steins Keimzelle erwächst Unmut

© F.: Scherer

Mit einem dicken Berg Unterlagen sind die Anwohner der Luitpoldstraße in den Steiner Stadtrat gekommen: "Mit diesen Plänen geht unsere Gegend den Bach runter! So geht das nicht! Das werden wir ihnen nicht leicht machen!"

Stein des Anstoßes ist das 2016 vom Stadtrat einstimmig beschlossene Projekt der "Keimzelle". Das ist ein Areal mit drei Flächen für Urban Gardening, auf denen Gemüse angebaut werden kann, sowie einem Naturlehrpfad, einem "Platz am Wasser", einem Weinberg, Hochzeitsbäumen und einem "Klima-Hain" auf einer bisher brach liegenden Fläche.

"Da ist viel Schönes dabei", meint Anwohnerin Kerstin Brenzke, "aber auch viel Unverständliches." Insbesondere meint die Architektin damit die Vermietung der Gartenfläche an den kommerziellen Anbieter "Meine Ernte". "Wir haben mit zwei Dritteln der etwa 70 Mieter und Eigentümer am Rand der Fläche gesprochen", so Brenzke. "Sie sehen das größte Problem in der Lautstärke: Auf den Terrassen der 40 Meter entfernten Wohnungen kann man jedes Gespräch verstehen, das in normaler Lautstärke auf der Anbaufläche gesprochen wird. Die Anwohner werden also an allem teilhaben müssen, was dort passiert."

Keine "ewige Freiheit"

Bürgermeister Kurt Krömer findet das "egoistisch": "Das ist so ein Projekt, das jeder toll findet – aber nicht vor seiner Haustür. Ich bin froh, wenn wir was für die Kinder schaffen, und auch Sie als Anwohner haben keinen Anspruch auf ewige Freiheit im Talgrund, denn das ist städtisches Gelände."

Das Argument, kinderfeindlich zu sein, wollen die Anwohner nicht auf sich sitzen lassen: "Ich bin selbst Grundschullehrerin", meint eine Anwohnerin. "Es gibt genug wunderbare Plätze, um in der Natur mit Kindern zu sein, wie hinten beim Terrarium, dort ist es wunderbar." Urban Gardening mache in Muggenhof Sinn – hier nicht, denn Stein liege ja ohnehin nahe der Natur. Und die, so die Anwohnerin weiter, müsse man pfleglich behandeln.

Die Kritiker des Projekts fühlen sich vom Stadtrat übergangen: "Ohne Bekanntmachung wird hier plötzlich etwas geändert", meint ein Mann. "Das muss dem Bürger doch schriftlich gegeben werden. Wenn die Stadt etwas von uns will, schreibt sie uns ja auch."

Bürgermeister Krömer bleibt bei seinem Standpunkt: "Das war alles in den öffentlichen Sitzungen Thema und wurde einstimmig beschlossen. Ich werde die Kinder jedenfalls nicht von dort vertreiben lassen. Es wird eine kleine Zelle, in der die Steiner Bürger ihr Gemüse anpflanzen können, die nicht das Privileg haben, einen eigenen Garten zu besitzen."

"Wir werden begründete Stellungnahmen abgeben", meint Architektin Brenzke, "warum die überwiegende Mehrheit der Anwohner dieses schöne Stück Natur nicht zur kommerziellen Event-Fläche umgestaltet haben will. Es gehe darum, dass im geplanten Naturlerlebnisraum auch noch "echte Natur" übrig bleibe.

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