Begehrter Boden für Libelle und Laubwald

17.10.2012, 13:00 Uhr
Begehrter Boden für Libelle und Laubwald

© Linke

Seit drei Jahren bricht Autofahrern auf der Kreisstraße FÜ 11 zwischen Keidenzell und Kirchfarrnbach nicht mehr der Angstschweiß aus, wenn ihnen ein dicker Lkw oder ein mächtig breites landwirtschaftliches Gespann entgegenkommen. Der Landkreis hat den 3,2 Kilometer langen Abschnitt ausgebaut, unter anderem wurde die Fahrbahn um einen halben Meter verbreitert.

Dieser Eingriff in die Natur und die damit einhergehende Versiegelung des Bodens, erforderte aber eine Kompensation, das schreibt das Bayerische Naturschutzgesetz vor. Landkreise, aber auch Kommunen, müssen dafür auf anderen Flächen landschaftspflegerische Maßnahmen oder, wie es auf der Internetseite des Landesamtes für Umweltschutz heißt, „der Natur dienliche Maßnahmen“ ergreifen. Dadurch soll die ökologische Qualität der entsprechenden Areale gesteigert werden, um so die Eingriffe in die Landschaft auszugleichen. Außerdem wichtig: Die Fläche muss nicht nur dauerhaft gesichert, sondern auch erhalten werden.

Faktor entscheidend

Das 2012 fertiggestellte FÜ-11-Teilstück zog einen Ausgleichsbedarf von 7000 Quadratmetern nach sich. Nun reicht es allerdings nicht, wie Wolfgang Trexler, beim Landratsamt für den Grunderwerb zuständig, erläutert, irgendwo ein exakt gleich großes Areal zu kaufen. Die Untere Naturschutzbehörde bewertet vielmehr die jeweiligen Flächen und multipliziert die Quadratmeter mit einem sogenannten Ausgleichsfaktor.

Ein mit einer Monokultur bepflanzter Acker, der ökologisch aufgewertet wird, schlägt deshalb mit einem höheren Faktor zu Buche als beispielsweise eine Wiese, der von vorneherein ein besseres Ausgangsniveau zugestanden wird. Eher daneben zielte deswegen ein Vorstoß von Kreisrat Hans Haag (CSU) im Bau-Ausschuss. Der Landwirt regte an, der Kreis möge beim Grundstücks-Ankauf weniger auf flurbereinigte und landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen zurückzugreifen, sondern eher auf „sauere Wiesen und Waldränder“.

Die Baumaßnahme an der FÜ11 hat der Landkreis über eine Aufforstungsmaßnahme bei Trettendorf ausgeglichen: Auf einer Wiese wurden 5500 Laubbaum-Setzlinge gepflanzt. Das Grundstück musste der Kreis nicht erwerben, es bleibt im Privateigentum. Der Landkreis hat die Kosten der Aufforstung und die Pflege für fünf Jahre übernommen. Der Landwirt musste sich im Zuge einer Grunddienstbarkeit verpflichten, dass das Forststück dauerhaft Wald bleibt.

Von dem insgesamt 9000 Quadratmeter großen Areal wurden jedoch nur 6300 für den ökologischen Ausgleich angerechnet. Den Rest besorgte sich der Kreis in Großhabersdorf, wo man gemeinsam mit der Gemeinde ein Grundstück kaufte. Dort soll mit Erdabschiebungen und Heckenpflanzungen die ökologische Qualität verbessert werden. Eine elegante Lösung, schließlich ist geeigneter Boden im Landkreis Fürth rar.

In der flächenkleinsten Gebietskörperschaft ihrer Art in Bayern, gestaltet sich die Suche nach Flächen in Verbund mit der hohen Siedlungsdichte und der Belange der Landwirtschaft, laut Trexler, schwierig. Dazu kommt neuerdings die zusätzliche Nachfrage nach Anbauflächen für die Biovergasung.

Doch nicht nur das geringe Angebot ist ein Problem. Auch wenn der Landkreis geeignete Grundstücke finden und für den Pool kaufen könnte – so lange sie nicht gebraucht würden, stünde Pflege und Unterhalt an. Ein Kostenfaktor, der berücksichtigt sein will. Außerdem: Liegen die Flächen brach, setzt die Renaturierung im Laufe der Zeit von selbst ein. Für den ökologischen Ausgleich wäre der Effekt dann nicht mehr ganz so hoch.

Abstimmung notwendig

Kooperationen mit den Städten und Gemeinden, diesen Weg empfahl deshalb auch der CSU-Kreistagsfraktionssprecher Maximilian Gaul. Zum einen würden ja „viele Maßnahmen auf deren Wunsch“ unternommen, zum anderen ließen sich die Projekte dadurch beschleunigen. Viele Kommunen verfügen zudem bereits über entsprechende Pools. „Die Gemeinden“, so Landrat Matthias Dießl, „haben mehr Flächen.“ Veitsbronns Bürgermeister Peter Lerch (SPD) plädierte für den Fall, dass der Landkreis Grund für einen entsprechenden Pool aufkaufen will, für eine Abstimmung mit den Kommunen, „damit man sich nicht im Preis hochschaukelt“.

Greift der Landkreis ein Straßenbauprojekt an und beantragt dafür entsprechende Fördermittel des Freistaats, müssen diese Anträge einen landschaftsplanerischen Begleitplan enthalten, der die ökologischen Ausgleichsmaßnahmen und die dafür vorgesehenen Flächen sowie die Kosten beschreibt. Bisher war das Land, beziehungsweise die Regierung von Mittelfranken, was die zeitliche Komponente der Umsetzung anging, eher großzügig. Auch der Landkreis, so Trexler, „hängt einige Jahre hinterher“. Künftig wollen die staatlichen Stellen, darauf verwies Rainer Popp, Leiter Straßenbau im Staatlichen Bauamt, die bereits bestehenden Vorschriften jedoch enger auslegen.

Wenn dann die ökologische Ausgleichsmaßnahme bereits vor dem Projektstart festgeklopft sein muss, dürfte jede Menge Arbeit auf Wolfgang Trexler zukommen. Eine kleine Rechnung macht das deutlich: Ein Kilometer neue Kreisstraßentrasse inklusive Bankette und Entwässungsgräben erfordert überschlägig ein- bis eineinhalb Hektar Ausgleichsfläche. So gesehen, sagt der Fachmann, sei ein Straßen-Neubau „ein riesengroße Herausforderung“.

 

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