Bezahlbarer Wohnraum: "Der Staat muss selbst bauen"

15.4.2019, 16:00 Uhr
Bezahlbarer Wohnraum:

© Horst Linke

Der Traum vom Eigenheim, er kann schnell mit Albträumen einhergehen. Stefan Schleußinger, einer der Experten, die auf der Immobilienmesse in der Stadthalle vertreten waren, weiß das. Als Makler der Volks- und Raiffeisenbanken im Großraum hat er oft Paare vor sich, die händeringend nach einem Baugrundstück suchen. "Es wird sehr wenig angeboten und wenn mal etwas auf den Markt kommt, ist es für viele schwer zu bezahlen."

In einer guten Lage in Nürnberg können inzwischen 500.000 Euro allein fürs Grundstück fällig werden, "und dann hat man noch kein Haus". 250.000 Euro können es auch in Zirndorf sein.

Die hohen Kaufpreise seien in der Region das größere Problem als die steigenden Mieten, meint der Immobilienfachwirt. In der öffentlichen Diskussion um die Mieten werde vieles verzerrt und verallgemeinert, bedauert er. Richtig hoch seien die Mieten in den sieben größten Städten in Deutschland, den "Big Seven" – darunter Hamburg, Berlin und München –, ohne dass dort das Einkommen entsprechend größer ausfalle. Die Situation in der Region sei damit nicht vergleichbar. Zwar haben auch hier die Mieten zugelegt – man dürfe aber nicht vergessen, dass viel saniert und der Wohnkomfort verbessert wurde. "Es ist nicht immer fair, vom bösen Vermieter zu sprechen."

Schleußinger gibt zu bedenken: Wer über Jahrzehnte zu günstig vermietet hat, dem fehle am Ende häufig das Geld, um in eine Modernisierung des Gebäudes investieren zu können. Dann bleibe womöglich nur der Verkauf. Der neue Eigentümer wiederum werde angesichts des hohen Kaufpreises und der Sanierungskosten die Miete erhöhen müssen.

Für Schleußinger ist klar, was passieren muss, um Druck vom angespannten Immobilienmarkt zu nehmen: "Der Staat ist gefordert, dass es mehr Bauland gibt." Er müsse das Angebot erhöhen, also auf seinen eigenen Grundstücken selbst bauen oder bauen lassen – und dabei die Familien im Blick haben, die vom Eigenheim träumen, sowie die Menschen, die auf günstige Mieten angewiesen sind. "Der soziale Wohnungsbau hat funktioniert." Nun aber sehe die Politik dabei zu, dass viele Sozialwohnungen ihren Status verlieren.

Wohnen im Landkreis wird attrakiv

Am Messestand daneben sieht Norbert Kröger, Leiter der Fürther Niederlassung von Immobilien Sollmann+Zagel, noch einen anderen Weg, um den Markt zu entspannen: "Die Leute müssen aufs Land, die können nicht alle in Fürth und Nürnberg bleiben." Die Bereitschaft seiner Kunden, in den Landkreis zu ziehen, nehme zu, wenn er ihnen seine Angebote zeigt: Ein historisches Stadthaus in Wilhelmsdorf bei Langenzenn etwa, Baujahr 1791, kostet 200.000 Euro, für ein neues Dach und eine neue Heizung müsse man 100.000 Euro hinzurechnen. Das sei immer noch rund 350.000 Euro günstiger als eine Penthouse-Wohnung im ehemalige Grundig-Park in Dambach, die für 646.000 Euro zu haben ist. In anderen Gegenden, etwa Oberfranken, seien die Preise noch niedriger.

Für völlig falsch hält Kröger indes den Ruf nach Enteignungen – genauso wie Frank Böhner von der Nürnberger Schultheiss Wohnbau AG: "Dann sind wir ja in einer Planwirtschaft. Wo fängt man da an, wo hört man auf?" Er findet zudem, dass oft übersehen wird, dass auch andere Güter teurer geworden sind. "Aber im Immobiliensektor fällt es auf, weil es um hohe Summen geht."

Gute Beratung zu Fördermöglichkeiten

Was seiner Ansicht nach hilft: die Kunden gut über Fördermöglichkeiten zu informieren. Hilfreich wäre es zudem, meint Böhner, wenn die Bauindustrie mehr Personal hätte. Zurzeit sind die Auftragsbücher der Firmen voll, auch das erhöht die Preise.

Die Nachfrage nach Immobilien sei derzeit "extrem", sagt auch Sebastian Schmidt, Verkaufsberater bei GS Wohnen. Kurz- bis mittelfristig werde sich daran wohl nichts ändern. Er glaubt, es gebe nur ein Rezept, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen: Bund und Kommunen müssen den sozialen Wohnungsbau fördern.

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