Bildung und Lernen schon im Kindergarten

24.9.2008, 00:00 Uhr
Bildung und Lernen schon im Kindergarten

© Hans-Joachim Winckler

Kritische Stimmen gab es anfangs genug. «Jetzt wird auch noch der Kindergarten verschult» musste sich Petra Hülsmann zum Beispiel anhören. «Aber so ist es nicht», sagt die Leiterin des Mannhofer Herz-Jesu-Kindergartens. Es gehe doch nur darum, die Kinder frühstmöglich zu fördern. Um das zu gewährleisten ist seit vier Jahren eine Lehrerin in einer Kiga-Gruppe tätig - zusätzlich zu einer Erzieherin und einer Kinderpflegerin. Auch am städtischen Kindergarten in der Stadelner Karl-Hauptmannl-Straße sind zwei Lehrerinnen aktiv, um die Drei- bis Sechsjährigen «individuell zu fördern».

Die Mädchen und Buben lernen Buchstaben und Zahlen kennen, können oft schon in sehr jungen Jahren ihren Namen erkennen, manche auch rechnen. «Aber das passiert alles spielerisch und ist verbunden mit viel Bewegung», betont Hülsmann. Kein Kind werde zum Lernen gezwungen oder mit Informationen zugeschüttet. «Aber wenn sich ein Kind interessiert, dann unterstützen wir es», so die Leiterin. Nach ihren Worten gab es im Kindergarten schon immer Kinder, die lesen wollten, aber die habe man früher abgewimmelt mit Sätzen wie «das lernst du erst in der Schule».

«Aber warum soll man die Kinder kleinhalten?», fragt Karin Kobl. Die Lehrerin ist derzeit nicht in der Schule sondern im Herz-Jesu-Kindergarten tätig. Ihr Ziel ist es, die Neugier der Kleinen zu wecken - und wenn das einmal passiert ist, so Kobl, saugen sie das Wissen auf wie ein Schwamm.

Von Uni Bamberg begleitet

Seit vier Jahren läuft das Projekt Kidz - der Name steht für «Kindergarten der Zukunft» - nun schon. Die Kleeblattstadt ist einer von drei Standorten des Modellversuchs der Stiftung «Bildungspakt Bayern». Die bayerischen Metall- und Elektro-Industrie bezuschusst das Projekt jährlich mit 300 000 Euro. Die Uni Bamberg begleitet es wissenschaftlich. Einmal im Jahr wird es mitunter stressig, dann testen die Forscher die Kinder und interviewen auch Eltern und Erzieher.

Begeistert von Kidz ist auch Ingrid Streck, Rektorin der Stadelner Grundschule. Die beiden beteiligten Kindergärten gehören zu ihrem Schulsprengel, die Lehrerinnen stammen von ihrer Schule. «Das Projekt verändert die Zusammenarbeit von Kindergarten und Schule grundsätzlich», sagt Streck. Die Verzahnung der beiden Einrichtungen ist ihr zufolge der richtige Weg - auch weil man viel voneinander lernen könne.

Im Idealfall wechseln die Kindergartenkinder gleich mit «ihrer» Lehrerin in die erste Klasse in Stadeln. Tanja Haubner beispielsweise unterrichtet nun Buben und Mädchen, die sie bereits seit deren dritten Lebensjahr kennt. «Für die Kinder war das ein nahtloser Übergang», berichtet sie und auch die Eltern würden sich darüber freuen, schließlich ist die neue Lehrerin quasi eine alte Bekannte.

An der Stadelner Schule hält Kidz weitere Besonderheiten parat: So werden die Kidz-Kinder in jahrgangsgemischten Klassen unterrichtet - das heißt: Erst- und Zweitklässler gemeinsam. «Da kann man wirklich passgenau fördern», schwärmt Lehrerin Kobl. Wenn ein Abc-Schütze schon rechnen kann, dann arbeitet er eben gleich mit den Großen. Umgekehrt: Kommt einer der Älteren bei irgendetwas noch nicht mit, kann er sich in der Zusammenarbeit mit den Jüngeren Lernerfolge holen.

Im September 2009 endet der auf fünf Jahre angelegte Modellversuch. «Wie es weitergeht, wissen wir noch nicht», sagt Ingrid Streck. Doch eines ist klar: Nicht nur sie, sondern auch die beteiligten Lehrerinnen und Kindergärten hoffen zum einen, dass Kidz in Stadeln fortgeführt werden kann und zum anderen, dass sich das Projekt am besten auf ganz Bayern ausdehnt.