Brücken geschlagen

1.12.2011, 22:00 Uhr
Brücken geschlagen

© Scherer

„In den vergangenen Tagen kamen im Rathaus Briefe aus allen Ecken der Welt an“, berichtete Oberbürgermeister Thomas Jung im Festsaal des Schlosses in Burgfarrnbach. Das sei ungewöhnlich, zeige aber, welche Bedeutung die Verleihung des Goldenen Kleeblatts an Gisela Naomi Blume habe: „Bei den Schreiben handelt es sich ausnahmslos um Gratulationen“, erklärte Jung. Die Auszeichnung, die seit 1991 für außergewöhnliches ehrenamtliches Wirken in Fürth verliehen wird, sorge für Aufsehen weit über die Grenzen der Stadt hinaus.

Warum dem so ist, belegte der OB mit einem Satz aus dem Brief von Frank und Beri Harris aus New York: „Sie, liebe Frau Blume, haben nie aufgehört, an das Gute im Menschen zu glauben und tragfähige Brücken zwischen allen zu bauen.“ Gisela Naomi Blumes Engagement begann mit der Rekonstruktion des alten jüdischen Friedhofs. Nach ihrer jahrelangen Recherche war es möglich, die Grabsteine, die während der NS-Diktatur entwendet worden waren, wieder den Gräbern zuzuordnen.

Jung würdigte ebenso ihr Buch über die Geschichte des Friedhofs, das zum 400. Jahrestag der jüdischen Gemeinde in Fürth erschien, zusammen mit einer Datenbank über mehr als 15000 Fürther Juden aus den vergangenen 300 Jahren: „Das ist ein Schatz, den wohl kaum eine andere Stadt besitzt.“ Zu Blumes großen Projekten gehören zudem die Errichtung eines Holocaustdenkmals in der Gedenkhalle des neuen jüdischen Friedhofs, beschriftet mit den Namen der mehr als Tausend Fürther Opfer. Sie veröffentlichte außerdem ein Memorbuch, das jedem von ihnen wieder ein Gesicht gab. Mit großem persönlichen Einsatz gelang es ihr darüber hinaus, Spenden von über einer Million Euro für die Sanierung der maroden Gedenkhalle auf dem Fürther Friedhof zu sammeln.

Zum Judentum übergetreten

Gisela Naomi Blume, die bis 2008 Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde in Fürth war, hält auch seit langem Kontakt zu ehemaligen Fürther Juden und deren Nachkommen in aller Welt. Jung: „Sie ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.“ Wer ihren Einsatz aus nächster Nähe erlebe, sei beeindruckt von ihrem Willen und ihrem Durchhaltevermögen. Thomas Jung betonte, die Entscheidung für die Auszeichnung sei im Stadtrat einstimmig gefallen.

Mit einem kurzen Blick auf ihr Leben bedankte sich die 73-Jährige. Der frühe Tod ihres Mannes habe sie dazu gebracht, darüber nachzudenken, „was ich in der mir geschenkten Zeit, Sinnvolles tun könnte“. Barbara Ohm habe damals ihre Begeisterung für Fürth geweckt. Von der Historikerin habe sie viel gelernt, zudem sei sie durch sie auf den jüdischen Friedhof aufmerksam geworden. Anfangs habe sie in ihrem Einsatz dort lediglich einen Beitrag zur Fürther Lokalhistorie gesehen: „Erst Besucher, die in dem riesigen Areal oft vergeblich nach Gräbern ihrer Vorfahren suchten, gaben meiner Arbeit eine neue Dimension.“

Nach jahrelangem Unterricht bei Rabbiner Wurmser trat Blume 2001 ins Judentum ein: „An Religionswechseln sind schon Familien zerbrochen. Meine hat das in bewundernswerter Weise akzeptiert.“ Als Vorsitzende der Kultusgemeinde ab 2004 sei es ihr unter anderem wichtig gewesen, die Religion und die Gemeinde auch in der Gegenwart mehr ins Bewusstsein zu rücken. Ende 2007 habe sie dann „vor einem schier unüberwindlich scheinenden Scherbenhaufen“ gestanden. Doch sie fand nach ihrem Rücktritt als Vorsitzende neue wichtige Themen, denen sie sich widmet, dazu gehört die Geschichte des jüdischen Waisenhauses. Inzwischen hat sie auch eine Seite im Internet (www.juedische-fuerther.de).

Zum Abschluss der Feier, die vom Streichquartett der Fürther Streichhölzer mit gestaltet wurde, trug sich Gisela Naomi Blume ins Goldene Buch der Stadt ein.

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