Buchschwabach: Bienenstock im Kunstwerk

5.3.2017, 16:00 Uhr
Buchschwabach: Bienenstock im Kunstwerk

© Foto: Sabine Rempe

Ein Eichenstamm von gut 2,30 Meter Höhe und einem Durchmesser von 1,20 Meter – handliche Werkstoffe sehen anders aus. Mit Kran und Lkw wurde der mächtige Rohling in Birgit Maria Jönssons Freiluft-Atelier befördert, das auf dem Betriebsgeländer von Zimmerei und Sägewerk Gehring in Buchschwabach liegt, und mit vereinten Kräften aufgestellt. Dann stand die 49-Jährige dem Koloss alleine gegenüber. Ein Moment, der die Künstlerin spürbar begeistert.

"Mit der Motorsäge habe ich als erstes Rinde und Splint entfernt", erklärt die große, schmale Frau. An die hundert Jahre alt wurde die Eiche, die aus der näheren Umgebung stammt und allmählich eine ganz neue Form annahm. Immer wieder schnitt Birgit Maria Jönsson kreuz und quer den massigen Stamm an. "Die Elektrosägen sind nur im Querschnitt durchs Holz effektiv", macht sie klar. Nach und nach überzog sie deshalb ihr Werkstück mit einer Art von unregelmäßigem Karomuster, das ihr erlaubte, stetig und planvoll kleine Holzpartien abzutragen. Natürlich ohne dabei je ihren Entwurf aus den Augen zu verlieren.

Die Technik mag einleuchtend erscheinend, trotzdem hat es etwas Magisches, wie aus dem Stamm allmählich zwei Gestalten auftauchen, als hätten sie nur darauf gewartet ans Licht zu kommen. Ein Mann und eine Frau, vertieft in eine kraftvolle Umarmung. Eine Haltung, wie sie der französische Bildhauer Auguste Rodin für eine seiner bekanntesten Skulpturen entwarf und die Birgt Maria Jönsson in Paris auch als Gips- und als Wachsmodell studierte.

Ihr Paar sitzt inzwischen auf einem Bienenkorb, aus dem sie zwei Türen ausgeschnitten hat. Dahinter arbeitete sie einen Innenraum heraus. Seit dieser Woche greift die Bildhauerin zu den Schnitzeisen: "Das Holz hat sich in den vergangenen Tagen schön mit Regen vollgesogen, das lässt sich jetzt optimal bearbeiten." Zärtlich streicht sie mit der Hand über die Figur: "Die Schenkel, die Hände, die Gesichter — alles muss mit dem scharfen Eisen überzogen werden."

Oberammergauer Schule

So klingt Vorfreude. Und Leidenschaft für einen Beruf, den Birgit Maria Jönsson seit 1995 als selbstständige Figurenbeuten-Bildhauerin ausübt. Wie kam sie dazu? "Als ich drei Jahre alt war, hatte ich eine Schallplatte. Da war das Lied von ,Putzi, dem Eichhörnchen‘ drauf, das den Bienen ein Bienenhaus baut. Das hat mich geprägt." Die Tochter eines Dänen, die in Tegernsee aufwuchs, studierte allerdings zunächst Philosophie, bevor sie die Fachakademie für Schnitzer in Oberammergau besuchte. Ein Imkerei-Praktikum führte sie endgültig auf den richtigen Weg.

Heute lebt sie in Nürnberg im Stadtteil St. Johannis und hat neben ihren Figurenbeuten-Projekten — mehr als 50 hat sie bereits in aller Welt erarbeitet — das Honighäusla in der Bergstraße eingerichtet. Hier, unweit von Burg und Dürer-Haus, möchte sie "wieder eine Brücke schlagen zwischen Lebkuchen und Zeidlerei", das heißt der Waldimkerei.

Bis zum Mai, wenn die Auftragsarbeit aus Buchschwabach wie bestellt nach Illertissen umziehen wird, liegt noch viel Arbeit vor ihr. "Nachdem die Figurenbeute fertig geschnitzt und ausgebaut ist, muss sie unter anderem witterungsbeständig bemalt werden." Anschließend können die summenden Logis-Gäste einziehen. Aber wie gelangen die eigentlich in ihren stilvollen Neubau? Die Künstlerin verrät: "Das Einflugloch werde ich im Schoß der Frau einfügen." Ein Humor, der bei dieser Art von Volkskunst üblich sei und an historische Fruchtbarkeitssymbole erinnere.

In diesem Moment wird die Ruhe des Freiluft-Ateliers von knatternden Hubschraubern unterbrochen. "Die sind unterwegs zum Flugplatz in Ansbach, die kommen oft", sagt Birgt Maria Jönsson und lacht: "Ich stell‘ mir immer vor, dass Daniel Craig da oben drin sitzt."

Klingt nach einer perfekten Inspiration.

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