Burg Cadolzburg: Flickschuster und Hochadel geben sich die Ehre

28.7.2020, 11:00 Uhr
Burg Cadolzburg: Flickschuster und Hochadel geben sich die Ehre

© Brigitte Riemann

Gut gelaunt flanierten Familien durch die Burganlage. Und ohne Masken und Abstand zwischen den einzelnen Grüppchen wäre es ein normaler Sommerwochenend-Ausflug auf die Cadolzburg gewesen. 


Auf der sonst so stillen Vorburg herrschte beim Aktionswochenende turbulentes, spätmittelalterliches Treiben. Die Mitglieder des Vereins „Nürnberger Aufgebot 1474“ hatten ihre Zelte aufgeschlagen. Fachkundig erläuterten und präsentierten sie die alten Handwerkskünste, wie die der Flickschuster, Beutler und Schreibzeugmacher. An originalgetreuen Nachbauten erklärten sie, wie die schweren Büchsen hergestellt wurden und kämpften in ihren Ritterrüstungen mit sogenannten Mordaxten, deren Anblick einen froh sein lässt, im 21. Jahrhundert leben zu dürfen.


Da war es schon friedlicher, dem Schreiner bei seinen filigranen Schnitzarbeiten zuzusehen oder die feinen Gewänder der Schneider zu bewundern. Zwischenzeitlich brodelte in der Küche Fleischragout und Erbsen in Kräutern über offenem Feuer. Natürlich nach originalen Rezepten aus dem 14. Jahrhundert.


Etwas abseits saß der Hochadel an einem reich gedeckten Tisch und trank Wein – fein gekleidet und ausstaffiert. „Mit jedem Fitzelchen musste man zeigen, wer man ist“, erklärt ein junger „Adeliger“ in einem königsblauen Hemd mit goldener Kette um den Hals, edlem Dolch am Gürtel, protzigen Ringen an den Fingern und einem passenden Federhütchen auf dem Kopf. Jede Region hatte ihre eigenen Moden – als Statussymbole waren sie allemal an den edlen Stoffen und Materialien erkennbar. „Ich wäre hier jedoch sofort als Ausländer aufgefallen, denn solche Ketten und die Ringe trug man nur im Burgund, Flandern und England.“ 


Noch mehr los war am sonntäglichen Familientag auf der Burg. Ausgerüstet mit Rätselbogen und Stempelkarte entdeckten die Kinder mit ihren Eltern die Kernburg mit dem Erlebnismuseum und der Sonderausstellung „Flaschenpost aus der Vergangenheit“. Es warteten aber noch viele weitere Überraschungen: Gleich nach dem Eingang wurde klar, woher der laute Schlag kam, der immer wieder über die ganze Vorburg hallte. Kleine und große Besucher versuchten sich am „Hau den Kurfürst“. Aber es ging nicht gegen den Kurfürsten als Person. Auf dem „Hau den Lukas“-Spiel war die Strecke zwischen Cadolzburg und Berlin aufgezeichnet. Diese musste Burgherr Friedrich VI. immer wieder zurücklegen, nachdem er seit 1415 auch der Kurfürst der Mark Brandenburg war. Damals ein mühsamer und nicht ungefährlicher Weg.


Im Innenhof der Burg konnten die Besucher den mittelalterlichen Tretradkran antreiben. Dazu stiegen sie in das riesige „Hamsterrad“ und liefen los. Tatsächlich schafften es alle den großen Sandsteinquader, der an einer Steinzange hing, zu bewegen. „Gar nicht schwer“, meinten viele, doch was, wenn das tagaus, tagein gemacht werden muss und über größere Distanzen als einen Meter? Ein Blick auf die vielen Steine mit den markanten Löchern der Steinzange in der Burg, lässt erahnen, wie viele Kilometer in dem Tretrad zurückgelegt worden waren, bis die hohen Mauern standen. 


Das große Finale lieferten die Wochenendbewohner der Vorburg. Mit lauten Donnerschlägen feuerten sie ihre großen Kanonen ab. Darunter auch die „Unverzagt“, die als Dauerleihgabe des Vereins in der Cadolzburg steht. Ob sie damit den Platzregen ausgelöst haben, der kurze Zeit später herunterprasselte?


Die Sonderausstellung „Flaschenpost aus der Vergangenheit“ läuft noch bis 28. Februar, genauso die frisch an den Start gegangene Sonderausstellung „Mehr als Stein. Holz im mittelalterlichen Burgenbau“.