Cadolzburger Filmdreh am Schauplatz des Massakers in Oradour

31.10.2015, 13:00 Uhr
Cadolzburger Filmdreh am Schauplatz des Massakers in Oradour

© Foto: Peter Ponnath

Ausverkaufte Vorstellungen, begeisterte Zuschauer: In Cadolzburg war es der Sommer von „Mademoiselle Marie“. Das Musical von Fritz Stiegler (Text und Idee) und Matthias Lange (Musik), das Regisseur Jan Burdinski mit dem großen Burgfestspiel-Ensemble inszenierte, wurde zu einem großen Erfolg. Dabei hatte so mancher zuvor leise Zweifel, ob man das Gedenken an ein grausames Massaker, das deutsche Soldaten 1944 in dem französischen Dorf Oradour-sur-Glane verübten, in ein Musical einbetten kann und darf.

Spätestens seit der Premiere im Vorhof der Cadolzburg sind die Bedenken ausgeräumt. Denn das sensible Thema wurde mit großem Respekt und Behutsamkeit umgesetzt. Nicht zuletzt deshalb wurde die Begegnung mit Robert Hebras möglich, der das Morden der SS in seiner Heimat überlebte. Der 90-Jährige besuchte im Juli eine Vorstellung und würdigte die Aufführung als „Botschaft für Versöhnung und Toleranz“ .

Die guten Beziehungen der Cadolzburger — auch zur französischen Partnergemeinde Le Palais sur Vienne bei Limoges — ermöglichten jetzt die Realisierung eines weiteren ambitionierten Projekts: Die Dreharbeiten zu einem semi-dokumentarischen Film über „Mademoiselle Marie“ konnten in Frankreich fortgesetzt werden.

Hinter diesem Projekt steht Peter Ponnath, Regisseur des Films sowie Inhaber und Geschäftsführer der Telefilm Medienprojekte Fürth. Der geplante 100-Minuten-Film hat eine Rahmenhandlung bekommen, die die Geschichte des Musicals verdichtet. Im Mittelpunkt steht als Hauptdarstellerin Romina Satiro, die sowohl in ihrer Rolle als Mademoiselle Marie als auch im begleitenden Kontext zu sehen ist.

In Frankreich wurden nun sowohl Spielszenen als auch dokumentarische Beiträge aufgenommen. Dafür reisten die sechs Crew-Mitglieder der Telefilm und 15 Mitwirkende der Burgfestspiele ins Limousin und erlebten ganz besondere Gastfreundschaft und Entgegenkommen. „Wir haben eine wirklich unglaubliche Unterstützung bekommen“, sagt Peter Ponnath.

Für den dokumentarischen Teil des Films ging Robert Hebras mit dem Team zur Gedenkstätte von Oradour. Der Ort, in dem die SS 642 Zivilisten — darunter mehr als 450 Kinder und Frauen – ermordete, ist so erhalten geblieben, wie er nach dem unbegreiflichen Massaker zurückblieb. Hebras überlebte schwer verletzt als einer von sechs Menschen. Er schloss sich der Widerstandsbewegung an und setzte sich nach dem Krieg mit unermüdlichen Initiativen für die Aussöhnung ein. Die fränkische Film-Delegation führte der 90-Jährige nun selbst durch die Ruinen von Oradour.

Auch für Thomas Dröge, Vorstand der Burgfestspiele, war dies eine Erfahrung, die ihn tief berührte. „Er hat von den Menschen erzählt, die hier lebten und starben. Von seinem Lehrer, den Schulkameraden . . .“ Die unfassbare Grausamkeit des Verbrechens werde in den Ruinen von Oradour auf eine unausweichliche und unmittelbare Weise spürbar.

Als umso bedeutsamer empfanden die Mitglieder der Delegation auch aus diesem Grund das Entgegenkommen und die Unterstützung ihrer französischen Gastgeber. „Für die Aufnahmen hat man uns zum Beispiel einen Renault, Baujahr 1951, zur Verfügung gestellt“, sagt Ponnath. Bewegend sei eine weitere besondere Geste gewesen: „Als Statisten haben bei unseren Spielfilmszenen Kinder aus Familien der Opfer mitgewirkt und auch eine Gemeinderätin, deren Familie betroffen war, hat sich angeschlossen.“

Thomas Dröge stimmt Ponnath zu: „Die Hilfsbereitschaft, mit der man in Frankreich auf uns einging, war unglaublich. Für uns alle waren diese Tage ein Erlebnis, das lange nachwirkt.“ Die Erfahrung ließ neue Ideen aufkommen: „Wir würden sehr gerne unser Stück ,Mademoiselle Marie‘ im Limousin aufführen“, sagt Dröge. „Erste Schritte und Planungen, ob das vielleicht funktionieren könnte, wollen wir jetzt angehen.“

Im Internet ist bereits ein Trailer zum Mademoiselle-Marie-Film zu finden. Der Link: https://www.youtube.com/watch?v=bo-GlAv25Y0

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