Carrera-Gelände erwacht zu neuem Leben

14.2.2007, 00:00 Uhr
Carrera-Gelände erwacht zu neuem Leben

© Hans-Joachim Winckler

Wer die fünf hässlichsten Ecken der Stadt aufzählen müsste, dürfe das Areal an der Ecke Flößau-/Waldstraße nicht vergessen. Seit mehr als zehn Jahren hätte es sogar gute Chancen, auf Platz eins der Negativliste zu landen. So drastisch formuliert es Oberbürgermeister Thomas Jung rückblickend.

Seit ein paar Wochen allerdings stellt sich die Situation auf dem ehemaligen Carrera-Areal gänzlich anders dar: Bauarbeiter schleppen Drähte, Mauerbruchstücke, kaputte Apparaturen und anderen Schrott aus dem Gebäude und bereiten es für den großen Umbau vor.

Kein Einzelhandel

1991 wurde die Produktion der beliebten Rennbahnen aus Fürth abgezogen. Aus einer Nutzung des Grundstücks durch die Firma Quelle wurde nichts. Auch großflächiger Einzelhandel sollte sich nicht auf dem drei Hektar großen Areal ansiedeln dürfen - die Stadt wollte nicht die bereits bestehenden nahen Versorgungszentren und die Innenstadt durch große Konkurrenz gefährden. Die Folge: Das dreistöckige Gebäude verfiel zusehends.

Im ersten Stock zeugen noch leere Weinflaschen und löchrige Schlafsäcke von Obdachlosen, die sich vorübergehend in den großen Hallen einquartierten, weiter oben klebt Taubendreck auf den Stufen, und etliche Glasscheiben sind im Laufe der Jahre zu Bruch gegangen.

Michael Peter von P & P Wohnbau hat die heruntergekommene Industriebrache ersteigert. Über die Kosten möchte der Geschäftsführer, der in Fürth längst kein Unbekannter mehr ist, noch nicht sprechen. Auch sonst hält er sich mit Zahlen und detaillierten Plänen zurück. Fest steht jedoch: Auf 9000 Quadratmeter Fläche sollen auf drei Stockwerken zirka 150 Wohnungen entstehen. Aufs Dach des Ex-Carrera-Baus werden Penthäuser gesetzt. Der Blick von ganz oben geht weit über die Stadt. Er fällt auch auf das ehemalige Darby-Gelände mit dem Kasernen-Kopfbau, in dem nach der großen Sanierung durch P & P jetzt Lofts zu finden sind. Rund 70 Millionen Euro hat Peter damals in das Areal investiert, sein jüngstes Projekt ist der Umbau der ehemaligen Ottoschule, in die unten das Stadtmuseum eingezogen ist.

OB Jung und Baureferent Joachim Krauße schwärmen von dem Unternehmer, der «mutig ist und ein Händchen für schöne und anspruchsvolle Sanierungen hat». Spätestens im Mai, deutet Michael Peter an, könne der Verkauf der Lofts starten, bis dahin stehe auch die Musterwohnung.

Bevor die Bauarbeiter anrücken konnten, musste die Stadt noch einige Weichen auf dem Industrieareal stellen. Gutachter prüften, ob Wohnbebauung in diesem Bereich überhaupt zulässig ist, denn Richtung Süden hat sich Gewerbe angesiedelt, auch Lagerhallen stehen ganz in der Nähe. «Doch es wird kaum Lärmbelästigung geben», versichert Krauße.

Ein zweiter Punkt war die Ausweisung des Areals bis hin zur Balbiererstraße als Sanierungsgebiet. Der Vorteil: Wer investiert, erhält steuerliche Vergünstigungen - allerdings nur, wenn er in ein bestehendes Gebäude investiert. Anfangs, sagt Krauße, habe er nicht geglaubt, dass das Haus sich dafür eigne, weil vor allem die Fensterkonstruktionen von außen sehr fragil wirken. Doch der Rundgang im Inneren hat ihn eines Besseren belehrt: «Das ist ein massiver Stahlbau.»

Gerade nach der positiven Entwicklung auf dem Darby-Gelände mit dem Südstadtpark in unmittelbarer Nähe sei den Südstädtern die Industriebrache «Carrera-Areal» lange ein Dorn im Auge gewesen, glaubt OB Jung zu wissen. Bald aber soll daraus nun ein neues städtisches Schmuckstück werden.