Das apokalyptische Reiterquartett

13.11.2009, 00:00 Uhr
Das apokalyptische Reiterquartett

© Thomas Scherer

Vor 20 Jahren fiel Berlins Mauer auf unfassbar friedliche Weise. Bibelfeste Mitmenschen wissen: Für die Mauern von Jericho brauchte es härtere Kaliber. Sieben wundermächtige Schofar-Hörner waren dezibelstark im Einsatz. Da blieb kein Stein auf dem anderen. Es verspricht demnach rundum spaßig zu werden morgen in Auferstehung, denn immerhin zwei Schofar-Hörner - der Kopfschmuck der Kudu-Antilope - mischen markerschütternd mit in Bernhard Matthias Hoffmanns Werk «Ausgelöscht sei der Tag, an dem ich geboren ward«.

Der 36-Jährige studierte in Nürnberg, gefördert wurde er von der Fürther Ruprecht-Gedächtnisstiftung. Nicht zum ersten Mal erklingt eine seiner Klangschöpfungen bei den Kirchenmusiktagen. Deren künstlerische Leiterin und Auferstehungs-Kantorin Sirka Schwartz-Uppendieck hat seit einigen Jahren Erfolg mit einem Programmpunkt, der längst nicht nur Eingeweihten einen Heidenspaß macht. Das Konzert mit völlig neuer Musik gehört inzwischen zum Festival wie die Milch im Tee.

Vorgabe war heuer, von Hoffmanns Schofar-Dreingabe abgesehen, die Grundbesetzung Orgel, Schlagzeug auf der Empore und im Altarraum, Klavier und nach Möglichkeit Tanz, denn der ist heuer das Leitmotiv der Kirchenmusiktage. Manuela Liszewski und Dirk Lamprecht, der in Nürnberg in der Staatstheater-Compagnie tanzt, bilden morgen die Abteilung Bewegung. «Ich mag es«, bekennt Lamprecht, «wenn man als Tänzer mal kein Instrument ist, sondern selber choreografieren darf«. Er darf. Ein wenig Geduld und Einhören habe es gebraucht, dann aber sei er in Uwe Strübings «Und ihnen ward Macht gegeben...« daheim gewesen.

Erst Bauch, dann Kopf

Strübing, der in Fürth lebt und dem hiesigen Theaterpublikum durch seine Wassermann-Oper «Aus der Welt« bekannt ist, hat «wie immer zuallererst Bauchmusik geschrieben, das Intellektuelle kommt erst danach«. Sein biblisches Tanzstück hat die vier Apokalyptischen Reiter (Offenbarung 6, 2-8) zum Thema. Es wird, so viel sei verraten, äußerst rhythmisch zur Sache gehen.

Volker Felgenhauer aus Nürnberg, wie Hoffmann und Strübing beinahe schon Stammgast der Musica-Nova-Konzerte der Kirchenmusiktage, hat sich auf drei dramatische Bibelszenen gestürzt und ihnen den Titel «Das Erste Gebot« gegeben. Zur Szenen-Trias zählt der Tanz ums Goldene Kalb. Natürlich sei hier Arnold Schönbergs Oper «Moses und Aaron« das große Vorbild. «Aber warum«, fragt Felgenhauer (44), «warum soll man das nicht noch mal machen? Es muss ja nicht besser werden, aber anders.«

Einen «Tanz der Erde um die Sonne« hat der Neue im Komponistenbund ausgetüftelt. Der in Fürth lebende Posaunist und Improvisator Ralf Bauer, Jahrgang 1965, setzt auf meditative Soundflächen und ging der Frage nach, was denn an Davids Tanz vor der Bundeslade, würde er anno 2009 getanzt, noch genauso wäre wie zu biblischer Zeit. Antwort: Erde, Sonne und Mond.

Wie das klingt und ausschaut, ist nachzuhören am Samstag ab 19.30 Uhr in der Auferstehungskirche im Stadtpark. Tickets kosten 12, ermäßigt 8 Euro.MATTHIAS BOLL