Das Brautkleid darf leiden

20.6.2012, 13:00 Uhr
Das Brautkleid darf leiden

© Fotostudio Peter

2001 hat der Fotograf John Michael Cooper aus Las Vegas als Erster angefangen, Hochzeitspaare in ihrer eleganten Kleidung an außergewöhnlichen Orten — an Seen, Schrottplätzen, alten Fabriken oder Häfen — im Stil der Modefotografie zu fotografieren. Die Idee dahinter ist, die Braut in einer Umgebung abzulichten, die im Kontrast zum Hochzeitskleid steht, ohne Rücksicht darauf, ob das Kleid schmutzig oder nass wird. Das Kleidungsstück, das sonst einfach als Andenken in den Schrank wandern würde, wird zum Hauptrequisit für spektakuläre, mitunter künstlerische Fotos — und es wird den dafür nötigen Strapazen ausgesetzt.

Ab und zu wird auch Doris Peter, Inhaberin des Burgfarrnbacher Fotostudios Peter, mit diesem Trend konfrontiert. Erst kürzlich zeigte sich ein Brautpaar sehr abenteuerlustig: Zuerst ging es auf den Sportplatz, wo das Paar in Kleid und Anzug auf der Aschenbahn und zwischen den Hürden posierte. Anschließend stand ein Sprung vom Fünf-Meter-Turm im Zirndorfer Freibad an — zur Überraschung der übrigen Badegäste, die staunend applaudierten. Ein paar Aufnahmen im Wasser folgten.

Dass das teure Kleid nass wurde, störte die Braut nicht: Nach der Feier hätte es ja sowieso in die Reinigung gemusst, sagte sie fröhlich. Aber, so Doris Peter, „dass Kleider zerstört werden wie in Amerika, kenne ich hier so nicht. Bislang gab es noch keine Braut, der es nichts ausgemacht hätte, dass ihr Kleid kaputtgeht — es wird immer noch gerne aufgehoben.“

Das Brautkleid darf leiden

© Studio Stöhr

In den vergangenen zwei bis drei Jahren sei die Nachfrage nach unkonventionellen Bildern gewachsen, erzählt Doris Peter. Die Brautpaare wollen mehr als nur die normalen, gestellten Hochzeitsfotos. Beliebt ist dabei das sogenannte After-Wedding-Shooting: Die Bilder werden nicht mehr am Hochzeitstag selbst gemacht, sondern es wird ein gesonderter Termin in den Tagen danach vereinbart. „Das Shooting ist dann ungezwungener und man hat mehr Zeit. Die Bilder können ohne Druck und mit Spaß am Fotografieren entstehen, das geht am Hochzeitstag nur äußerst schwierig“, sagt Peter. Dieselbe Erfahrung hat auch Jana Kirchhübel, Fotografin im Fotostudio Stöhr, gemacht: „Das Paar ist dann wesentlich entspannter und hat nicht mehr die Gäste und die Feier im Kopf.“ Mittlerweile fragen im Fotostudio Stöhr rund zwei Drittel der Paare nach solchen besonderen Bildern nach der Hochzeit.

Grasflecken sind okay

Doch das Extreme trauen sich die Fürther Paare noch nicht: Die Frauen, so Peter, sind schon bereit, sich ins Gras zu legen oder durch ein Kornfeld zu laufen und Flecken zu riskieren, aber sie möchten doch, dass das Kleid das Shooting übersteht — auch wenn es dann erst mal in die Reinigung muss. „Nur zehn von ungefähr 80 Brautpaaren, die wir im Jahr fotografieren, wollen etwas, das wirklich in die Richtung Trash the Dress geht.“

Das Studio Peter wählte jüngst das Zirndorfer Freibad als Kulisse. Die FN waren dabei, als Braut und Bräutigam vom Drei-Meter-Turm sprangen und sich am Beckenrand wiedersahen.

Das Studio Peter wählte jüngst das Zirndorfer Freibad als Kulisse. Die FN waren dabei, als Braut und Bräutigam vom Drei-Meter-Turm sprangen und sich am Beckenrand wiedersahen. © Pfrogner

Bei allen Varianten dieses Trends müssen die Aufnahmen im Vorfeld sorgfältig geplant werden: Der Fotograf bespricht mit den Kunden, welche Wünsche und Vorstellungen sie haben und wie man diese technisch umsetzen kann — das Konzept soll schließlich zum Paar passen. Die Fotografinnen des Studios Stöhr konnten so schon an ungewöhnlichen Orten, wie in einem Güterbahnhof, am Strand in Venedig, in einem Steinbruch oder in der Sandgrube, arbeiten. Je höher der Aufwand ist, desto teurer werden auch die Bilder. Ein extravagantes Fotoshooting ist beim Studio Peter ab 300 Euro zu haben.

„Ich finde es schön“, merkt die Fotografin Doris Peter an, „dass der Trend bei den Paaren dahin geht, Wünsche zu haben und sich durch Vorschläge einzubringen.“ Belohnt werden die Frischvermählten mit Bildern, die schöner und lebendiger sind, weil eigene Ideen darin stecken, — und die anders als das Kleid nicht im Schrank verschwinden müssen.

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