Das Glück kommt unverhofft

3.1.2011, 15:59 Uhr
Das Glück kommt unverhofft

© Joachim Sobczyk

Von Krise keine Spur: Robert Segel und Immanuel Reinschlüssel sprudeln vor Ideen. Gut, die eine oder andere Inspiration holten sie sich auf Reisen durch Südamerika und Kroatien. Manchmal reichte auch schon ein Viertelstündchen im Wartezimmer des Arztes. Der Stoff scheint den zwei Freigeistern nicht so schnell auszugehen.

Wie schon in den zwei Vorgängerwerken („Träume! Nimmerland“, „Briefe aus Styx/Das Zebra, das zuviel wusste“), sinniert die Schaffenskrise über die großen Themen des Lebens. Über Liebe und Freundschaft, Krieg und Katastrophen, die schnelllebige und oberflächliche Gesellschaft. Doch statt erneut in Gedichten, versuchen sich Segel und Reinschlüssel nun in Kurzgeschichten.

Tiefsinnig, fast mystisch muten sie an. Sie sind deutlich mehr Gedanke als Geschichte, verstärkt durch einen poetischen Schreibstil. Vor allem Segels Geschichten leben noch von den Verswiederholungen eines Gedichtes, jedoch ungereimt. Er experimentiert aber auch mit Neuem. So erzählt er in „Moderne Gewehre“ aus der Sicht eines Elefanten. In „Der Alte und ich“ gelingt ihm ein Dialog zwischen einem alten und einem jungen Mann über die verlorene Zeit. Die Erzählperspektive wechselt clever ohne Übergang und sorgt so für Überraschungsmomente. Schade nur, dass der Sprechstil der zwei Erzähler gleich bleibt.

In einer Liebesgeschichte versucht er, in die Rolle eines Wolfs zu schlüpfen. Es bleibt bei einem Versuch. Denn Segel ist, wie er bei der Buchvorstellung im Ökumenischen Zentrum in Fürth bekennt, ein Schaf – zu brav für die Frauenwelt. Er ist der romantischere der beiden Autoren, Reinschlüssel der Realist. Nüchtern und brutal ehrlich schreibt er über Katastrophen, an die sich die Gesellschaft längst gewöhnt hat. Der jegliches Mitleid fehlt und die mit Spenden ihr Gewissen besänftigt. Er schreibt über die Affektiertheit der Menschen, die erst im Moment des Todes ihr wahres Selbst erkennen.

Aber er schreibt auch über die Suche nach Glück. Und das haben Reinschlüssel und Segel gemein. In ihren Geschichten kann man das Glück nicht finden. Es kommt unverhofft. Man muss es selbst festhalten.

„Ungereimtheiten der Schaffenskrise“, 30 Geschichten mit Illustrationen von Jeanette Niqué, 9 Euro, bestellbar unter

www.schaffenskrise.eu