Das große Warten: Fürther Bürgeramt ist überlastet

4.4.2018, 11:04 Uhr
Das große Warten: Fürther Bürgeramt ist überlastet

© Wolfgang Händel

Das Warten begann für Jürgen Wirkner um kurz vor 8 Uhr. Bereits eine Stunde später harrten mit ihm rund 100 Menschen auf dem Flur im Bürgeramt aus. Der Andrang war so groß, dass die Verantwortlichen sich gezwungen sahen, jetzt schon – außergewöhnlich früh – den Automaten auszuschalten, der die Wartenummern ausspuckte. Wer danach kam, musste umkehren.

Es sollte bis zum Mittag dauern, bis Jürgen Wirkner sein Führungszeugnis beantragen konnte. Um kurz vor 12 war der 62-Jährige an der Reihe – und ratlos: "Das war doch früher nicht so?" Auf dem Flur warteten da noch 60 Frauen und Männer; einzelne saßen auf den Stufen im Treppenhaus. Manche bangten, ob sie überhaupt noch drankommen würden. Dienstags schließt das Amt eigentlich um 12 Uhr. Erst um 14 Uhr waren alle Aufrufnummern abgearbeitet.

Ganz ähnlich sah das vor einer Woche aus, am Montag. Vier Stunden saß er auf seinem Platz, erzählt ein 65-Jähriger, bis gegen 16 Uhr seine Nummer, die 167, aufgerufen wurde. Den Gedanken, sich zwischendurch etwas zu essen zu besorgen, verwarf er. Er wollte den Sitzplatz nicht verlieren.

Die Frau neben ihm war mit ihrem Baby da, auch sie geduldete sich stundenlang, stillte das Kind, trug es herum. Eine Schülerin lief unterdessen verzweifelt auf und ab, weil sie offenbar dringend eine Bestätigung für die Schule brauchte. "Das ist doch ein Wahnsinn!", sagt der Mann. Andere Besucher berichteten ihm, dass es in den Wochen vorher nicht besser war. Manch einer versuchte sein Glück schon zum zweiten oder dritten Mal. Der Automat war bei einer Nummer im 220er-Bereich abgestellt worden.

"Momentan ist es sehr schlimm"

Rainer Baier, der Leiter des Bürgeramts, beschönigt nichts, als die FN anrufen: "Momentan ist es sehr schlimm", sagt er. Viele Beschwerden gingen ein, und er könne den Ärger verstehen. Er antworte den Leuten, dass es ihm leid tut, und versuche, die Gründe zu erklären.

Da kommt einiges zusammen. Vor und in den Ferien steuern immer besonders viele Menschen die Behörde an, sagt Baier. Weil sie vor einer Reise merken, dass ihr Pass abgelaufen ist. Oder weil sie ihren Urlaub für Erledigungen nutzen. Um 7 Uhr werden die ersten Nummern gezogen.

Schon in den vergangenen Sommerferien hatten die FN über nervenzehrende Wartezeiten im Bürgeramt berichtet. Personelle Engpässe verschärften damals das Problem. Auch jetzt muss Baier wieder auf Kräfte verzichten. Gerade mal vier von zehn Schaltern waren am Dienstag im Ämtergebäude Süd besetzt – was viele Besucher irritiert und verärgert.

Immer wieder unbesetzte Stellen

Baier indes sagt, es gehe kaum anders. Von den elf weiteren Sachbearbeitern des Bereichs waren zwei fürs Bürgeramt in Stadeln eingeteilt und je einer für den Infoschalter, die Ausgabe von Dokumenten und für "Aufgaben im Hintergrund". Dazu zählen Meldeanfragen, etwa von Anwälten, wenn sich Mieter aus dem Staub gemacht haben. Ein Kollege sei in Elternzeit, dreien habe man Urlaub gestattet. Eine Kraft werde angelernt, eine Stelle sei unbesetzt. Mal wieder.

Der Job sei wegen des hohen Parteiverkehrs sehr anstrengend, sagt Baier. Auch psychisch. Die Mitarbeiter spüren den Frust der Wartenden, trauen sich kaum auf den Gang. Die Fluktuation ist deshalb hoch. Gleichzeitig ist es für Stadtverwaltungen zurzeit nicht einfach, Personal zu finden. Und Kollegen aus anderen Abteilungen einspringen zu lassen, sei nicht möglich, so Baier. Sie seien zu wenig vertraut mit der Materie.

Mehr Einwohner, mehr Anliegen

Ihm zufolge macht sich im Bürgeramt aber auch bemerkbar, dass Fürth in den vergangenen 15 Jahren um etwa 15.000 Menschen gewachsen ist, die natürlich auch alle Anliegen haben. Und auch die Osterweiterung der EU hat die Arbeit verändert. Melden ausländische Arbeiter ihren Wohnsitz in Fürth an, so dauert der Vorgang wegen fehlender Sprachkenntnisse oft deutlich länger.

Die Stellen wurden bereits aufgestockt, sagt Fürths Kämmerin Stefanie Ammon, die als Leiterin des Referats für Finanzen, Organisation und Personal fürs städtische Personal zuständig ist. Trotz der aktuell angespannten Situation hält sie mehr Personal in dem Bereich nicht für nötig. Denn die Probleme gebe es nur in den Ferienzeiten. Im Februar 2017 etwa habe die durchschnittliche Wartezeit 20 Minuten betragen.

Auf der Homepage der Stadt unter www.fuerth.de werden die Wartezeiten im Bürgeramt stets aktuell angegeben. Die Angabe, ob man noch Nummern ziehen kann, ist aus technischen Gründen aber noch nicht möglich.

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