Datenschutz: Vereine suchen nach dem richtigen Weg

8.9.2019, 16:00 Uhr
Datenschutz: Vereine suchen nach dem richtigen Weg

© Foto: coulourbox.com

Ein Schreckgespenst namens DSGVO geisterte Anfang 2018 durch die Schlagzeilen. Viele Vereine fühlten sich überrumpelt, überfordert und wussten nicht, wie sie sich absichern sollen.

Mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die seit 25. Mai 2018 gilt, wollte die Europäische Union die Regeln zur Verarbeitung personenbezogener Daten vereinheitlichen. Im Prinzip eine gute Idee, doch das Regelwerk ist komplex.

In welchem Umfang es Abläufe verändert, hängt von mehreren Faktoren ab. Um Orientierung zu geben, bot und bietet der Bayerische Landessportverband (BLSV) seinen Vereinen Datenschutz-Seminare an. Rund 200 Vereinsvertreter haben diese Möglichkeit schon genutzt. "Im Vergleich zu anderen Themen im Bereich des Vereinsmanagements wurden diese Angebote sehr gut angenommen", sagt Thomas Fink, Leiter der BLSV-Geschäftsstelle für Sportpolitik.

Er weiß, dass die Arbeit für Vereine wieder mehr geworden ist. Doch er sieht sie gut gerüstet: "Der Aufwand hält sich auch Dank der vielfältigen Unterstützungsleistungen in Grenzen."

Pro Woche, schätzt Annette Raschdorf, koste die Umsetzung der DSGVO die Geschäftsstelle des TV Fürth 1860 eine halbe Stunde. Sie ist eine von fünf Festangestellten im Büro von Fürths größtem Sportverein mit rund 3600 Mitgliedern. Vor einem Jahr nahm sie gemeinsam mit mehreren Abteilungsleitern an Seminaren des Verbands teil. Auf den ersten Blick geändert hat sich vor allem die Homepage des Vereins: Eine Datenschutzerklärung mit neun Punkten ziert jetzt die Internetseite. "Die liest sich sicher jeder gerne durch", scherzt Raschdorf. Unter anderem wird hier darauf hingewiesen, dass die vom Verein gemachten Fotos und Videos in sozialen Netzwerken landen können.

Beim Veröffentlichen und Speichern von Fotos und Videos ist man vielerorts vorsichtiger geworden, auch aus Unsicherheit. Fink empfiehlt, Mitglieder und Gäste bei Vereinsveranstaltungen darüber zu informieren, dass Fotos oder Videos gemacht werden und in welchen Medien diese veröffentlicht werden. Geht es um Erwachsene, ist eine ausdrückliche Einwilligung "bei berechtigtem Interesse des Vereins" allerdings weiter nicht nötig. Zum berechtigten Interesse gehört es etwa, übers Vereinsleben zu informieren – zum Beispiel mit einem Mannschaftsfoto oder dem Bild des Schützenkönigs.

Strenger sind die Regeln bei Bildern Minderjähriger: Möchte ein Verein etwa ein Mannschaftsfoto auf der Website oder in den Fürther Nachrichten veröffentlichen, braucht er die Einwilligung beider Erziehungsberechtigten. Fink rät, das Thema bereits beim Beitritt zu klären.

Imagefilm wird aufwendiger

Beim TV 1860 ist man skeptisch. "Da streiten sich die Experten", berichtet Raschdorf, "es ist selbst strittig, ob eine Art Generalvollmacht gültig ist." Für einen Imagefilm, den die 60er derzeit planen, gehen sie auf Nummer sicher: Für jede Videosequenz holen sie sich die Unterschrift der Gefilmten, "das ist ein extremer Mehraufwand, das ist Wahnsinn", schimpft Raschdorf.

Doch die Vorsicht zahlt sich aus: Zum Glück, betont sie, habe sich seit Einführung der DSGVO noch kein einziges Mitglied über eine ungewollte Veröffentlichung beschwert.

Das ist auch beim Markt Cadolzburg bislang der Fall – und dennoch ist Silvia Dießl vorsichtig. "Im Moment gibt es ja nichts, was es nicht gibt", sagt sie als Zuständige für Veranstaltungen und Gesundheitsprävention im Cadolzburger Rathaus.

Als sie im Februar die erste Sportlerehrung seit Geltungsbeginn der DSGVO organisierte, wollte sie das "wasserdicht hinkriegen". Heraus kam eine E-Mail an die FN-Redaktion mit einem Gruppenfoto, doch – anders als bisher – ohne Namen der geehrten Sportler. Diesen Rückschluss habe sie nach einem Seminar am Landratsamt gezogen. "Wir hatten uns im Vorfeld die Einverständniserklärung zur Veröffentlichung von Fotos und Daten nicht geholt."

Obwohl das jedes Jahr auch ohne Unterschrift gut ging, wollte man "als Verwaltung mit gutem Beispiel vorangehen". Die Lösung fürs kommende Jahr: Diesmal bekommt jeder zu ehrende Sportler in der Einladung ein Anschreiben beigelegt mit dem Hinweis, dass Name und Bild veröffentlicht werden. Eine Unterschrift fordert Dießl nicht ein, "ein Hinweis reicht", hofft sie.

Eine weitere neue Regel ist: Weniger als 20 Personen dürfen Zugriff auf das Programm der Mitgliederverwaltung haben, sonst braucht ein Verein einen Datenschutzbeauftragten. Im anderen Fall wird die freiwillige Benennung eines (ehrenamtlichen) Datenschutz-Zuständigen empfohlen – zur Unterstützung und Beratung. Die Verantwortung bleibt aber beim Vorstand, ist "Chefsache".

Wie wird es leichter?

Im Falle eines Verstoßes gegen die DSGVO sind Bußgelder durchaus im Bereich des Möglichen. Thomas Fink beruhigt: "Wer sich bemüht und die Vorgaben sukzessive umsetzt, überarbeitet und einhält, muss keine Bußgelder befürchten." Anders sehe es bei Vereinen aus, die sich einfach wegducken und nichts tun.

Der BLSV ist bestrebt, den Vereinen manches weiter zu erleichtern. Der Tochterverband Athleta arbeitet an einer Software, die administrative Abläufe vereinfachen und die Ehrenamtlichen entlasten soll. Unter anderem soll die Online-Anmeldung im Verein ermöglicht werden, zugleich brauchen sich die Vereine nicht selbst um die gesetzlichen Vorgaben zum Datenschutz und zur Datensicherheit kümmern. Auf diese Weise würde die DSGVO wohl endgültig ihren Schrecken verlieren.

Im Online-Portal "Cockpit" des BLSV stehen ein Leitfaden, Checklisten und Mustervorlagen zur Verfügung. Hilfe gibt es auch unter www.dsgvo-verstehen-bayern.de

 

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