Den Rotstift angesetzt

6.6.2006, 00:00 Uhr
Den Rotstift angesetzt

Eine heftige Diskussion entzündete sich an der Frage, ob das Archiv einer Großstadt samt Stadtbücherei und städtischer Sammlung mit einer dreiköpfigen Rumpfbelegschaft überhaupt noch ordentlich geführt werden kann. Schließlich hat eine Untersuchung des bisherigen Archivleiters, Helmut Richter, für den Kulturausschuss des bayerischen Städtetages aufgezeigt, dass die Archive vergleichbarer Städte in Bayern personell durchweg besser ausgestattet sind.

Die Personalabstriche am Archiv sind andererseits notwendig, um die Verlegung des Museums vom Stadtrand in die Innenstadt kostenneutral durchführen zu können. Denn nur unter dieser Prämisse hat der Stadtrat der Transaktion zugestimmt. Zur Förderung des Publikumsinteresses an den im Schloss verbleibenden Einrichtungen setzt Kulturreferent Karl Scharinger auf verstärkten Einsatz ehrenamtlicher Kräfte. Deshalb werden vom neuen Archivleiter Erfahrungen gerade auch auf diesem Gebiet erwartet.

Entgegen dem noch drastischeren Einsparungsvorschlag der Verwaltung (dieser sah vor, dass der Stellvertreter des Archivleiters künftig die Einrichtung führen soll) legte sich der Ausschuss auf CSU-Initiative hin auf die Besetzung der Leiterstelle wie bisher mit einem Akademiker fest.

Dass ein Stadtarchiv auf Sparflamme seiner anspruchsvollen Kundschaft nicht mehr vollauf gerecht werden kann, befürchtet nicht nur Grünen-Stadträtin Waltraud Galaske. Auch Schlosspflegerin Andrea Heilmaier hat schwere Bedenken. Bei Krankheit oder während des Urlaubs könne die Dienststelle ohne Führung faktisch nicht mehr arbeiten. Es genüge schließlich nicht, den Besuchern einfach nur aufzusperren. Vielmehr müssten auch Auskünfte erteilt und wissenschaftliche Recherchen unterstützt werden.

Dagegen sieht SPD-Stadträtin Brigitte Arnold durchaus Chancen, mit dem neuen Personalkonzept bei entsprechender Motivation wieder mehr Menschen anzusprechen. Kritik am jetzigen Amtsleiter ließ der Kulturreferent anklingen, als er meinte, der Nachfolger solle seine Arbeit nicht mehr «archivintrovertiert“ erledigen. Vielmehr erwartet man verstärkte Bemühungen um die Außenwirkung der Stelle.

Mit der Feststellung, dass zum Ausgleich dann 37 600 Euro fehlen, wies Personalreferent Rudolf Becker den Vorstoß von Personalrat Stefan Schuber zurück, wenigstens die Hilfskraftstelle des Museums im Schloss zu belassen. Sowohl Bürgermeister Hartmut Träger als auch der Kulturreferent und SPD-Sprecher Hans Moreth signalisierten allerdings Bereitschaft, mit dem künftigen Archivleiter über dessen Vorstellungen zur Personalausstattung zu diskutieren.

Die Leitung des unter dem Namen Ludwig Erhard im Ottoschulhaus weitergeführten Stadtmuseums wird, wie berichtet, Rundfunkmuseumschef Gerd Walther zusätzlich übernehmen. Wegen des Umzugs wird das Museum im Schloss bereits im November geschlossen. Im Februar 2007 eröffnet das neue Museum mit einer Landesausstellung zum 200-jährigen Jubiläum der Zugehörigkeit Frankens zu Bayern. Im Schloss verbleiben neben der hauptsächlich aus Gemälden und Grafiken bestehenden städtischen Kunstsammlung die aus 35 000 teilweise wertvollen historischen Bänden bestehende Stadtbibliothek, das Archiv, die Bibliothek des Fürther Philosophen Hermann Glockner sowie der Stadt vermachte private Gemäldesammlungen.

Platz genug wäre auch für ein von der Schlosspflegerin befürwortetes Kriminalmuseum auf ehrenamtlicher Basis vorhanden. Dessen Schwerpunkt soll im Gegensatz zum Rothenburger Museum weniger auf alten Folterinstrumenten liegen, als auf der Fürther Kriminalgeschichte und der polizeilichen Präventionsarbeit.

Einverstanden zeigte sich der Ausschuss mit dem Wunsch der CSU, die Kreativwerkstatt weiterhin im Schloss zu belassen - allerdings künftig auf ehrenamtlicher Basis. Für den Betrieb wird dann in erster Linie das Fürther Zentrum Aktiver Bürger verantwortlich zeichnen.