Der arbeitende Mensch: Ein Schatten seiner selbst

17.4.2018, 12:00 Uhr
Der arbeitende Mensch: Ein Schatten seiner selbst

© Repro: Schuster

Derart plakativ - im grafischen Sinne - sind diese Arbeitsbilder, dass sie glatt als Werbegrafiken für Architekturbüros oder Maurerbetriebe durchgehen würden. Rainer Conrad ist von Beruf: Werbegrafiker. Aber offenbar hat sich bei dem Steiner Künstler, der ja auf optimale Reiz- und Außenwirkung spezialisiert ist, so einiges angestaut. So werfen schwarze Arbeitersilhouetten auf dem Baugerüst einen Schatten auf die Hauswand. Nur sind die Schatten nicht schwarz, sondern grau. "Schattenwirtschaft" nennt sich das Bild.

Das ist ein Merkmal von Conrads Acrylbildern: Die Grafik wirkt ansprechend, verlockend, auf Attraktivität getrimmt. Doch der Bildertitel wirft die Erwartungshaltung über den Haufen. Da erweist sich eine offenbar freundliche Konferenzrunde von Silhouetten am Getränketisch als Tribunal der Gescheiterten: "Alle waren dabei — keiner ist’s gewesen", verkündet der Titel. Ein anderes Bild zeigt die blaue Silhouette eines Paares, das vor einer Treppenkonstruktion steht, die senkrecht in den Himmel führt. "Die Himmelsleiter" erweist sich als ein trügerisches Versprechen der Machbar- und Verfügbarkeit. Sie illustriert das Versprechen der Geldinstitute, Glückszustände mit Geld und Kalkulation herbeizuschaffen, und liefert zugleich deren Inversion.

Geht es auch ohne Technik? Aber ja. Eine "Flusswanderung" zeigt die Spiegelung von sechs Wandersmännern im Wasser — allerdings nur die Rückenansicht, auf dem Kopf stehend und von leichtem Wellengang verzerrt. Dies aber überaus kunstvoll. Offenbar hat der Mensch es gar nicht mehr nötig, sich in der Natur wiederzufinden.

Ähnlich hintersinnig plakativ arbeitet Conrad mit seinen Spruchbildern oder "WordArtworks", wie er sie nennt. Es sind dies knappe Slogans auf farbigem Hintergrund in quadratischem Format, die ihre Aussage durch ihre grafische Gestaltung in Frage stellen. Der Spruch "Alles klar!" verunklart sich optisch dadurch, dass die einzelnen Buchstaben ihren Farbwert verändern. Nämlich von hellblau bis zu nachtschwarz, was mit dem dunkelblauen Hintergrund schier verschmilzt. Ebenso ist der Slogan "You see what you are able to see" (Du siehst nur, was du zu sehen imstande bist) in schwarzgrauer Schraffur auf dunklem Untergrund aufgetragen. Gar nicht so einfach zu dechiffrieren. Und manche Epigramme sind derart knapp und lakonisch, dass ihre Sprengkraft erst beim zweiten oder dritten Hinsehen zu Tage tritt. Wie etwa "Einfalt in Vielfalt."

Z"Mach’ Dir Dein Bild!": Kultursaal des Rathauses Stein (Hauptstraße 56). Montags bis freitags 8-12 Uhr und montags 14-18 Uhr. Bis 27. April.

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