Der Inbegriff vollkommener Weiblichkeit

5.8.2016, 18:30 Uhr
Der Inbegriff vollkommener Weiblichkeit

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Geburtsnamen spielen nach der Hochzeit meist nur noch auf Behördenformularen eine Rolle. Bei Tatjana Grumbach ist das etwas anders. Sie hieß vor der Ehe Sourisseaux. Nachfragen sind ihr damit sicher.

Sie nickt. Ihr Vater war Kurt Leo Sourisseaux, gefeierter Publikumsliebling, Star ungezählter Inszenierungen und nicht zuletzt auch für fast ein Vierteljahrhundert Oberspielleiter Operette im Nürnberger Opernhaus. „Ich bin mit dem Theater aufgewachsen“, sagt die Tochter.

„Er hat mich von klein auf zu Proben mitgenommen“, erinnert sie sich. Das hatte Folgen. „Ich hab’ schon im Kindergarten sofort den Finger gehoben, wenn irgendwas aufgeführt wurde.“ Als sie etwas älter ist, beginnt ihre Zeit in der Statisterie, kleine Sprechrollen stehen an. Der Vater begleitet sie bei diesen ersten Bühnenschritten und ist sehr streng. „Du musst was abliefern, hat er immer gesagt.“

Lebenskluger Rat

Nach der Schule scheint der weitere Weg eigentlich vorgezeichnet zu sein. Aber: „Ich habe Reiseverkehrskauffrau gelernt.“ Dahinter steht keineswegs eine nachlassende Liebe zum Theater, sondern ein lebenskluger Rat der Eltern: „Kind, lern’ erst mal was Anständiges.“ Auch ihre Mutter, die französisch-russische Primaballerina Olga Barneva, weiß schließlich um die Unberechenbarkeit eines künstlerischen Berufs.

Nach der Ausbildung studiert Tatjana in Erlangen Theaterwissenschaften und nimmt zunächst heimlich Schauspielunterricht bei Raimund Gensel, er war unter anderem Franz Schildknecht in der „Lindenstraße“. Heute ist sie dankbar für den Rat der Eltern. „Ich habe einen Brotjob und lebe gleichzeitig ganz intensiv meine Leidenschaft für die Bühne.“ Ein Vorteil dieser Entscheidung: „Ich kann es mir erlauben, nur Projekte zu machen, hinter denen ich wirklich stehe.“

Eines davon ist ihr Auftritt als Buhlschaft in Fürth. In der „Jedermann“-Hauptstadt Salzburg glänzten mit dieser Partie schon Senta Berger, Sunnyi Melles, Birgit Minichmayr oder Brigitte Hobmeier. Legendäre Superfrauen, die laszive Weiblichkeit verströmten oder wahlweise frivole Erotik. Ihre Einsätze sind verewigt. Doch Tatjana Grumbach sagt: „Ich habe mir ganz bewusst nichts davon angeschaut.“ Stattdessen hat sie sich vor ihrer Premiere 2015 mit Ute Weiherer zusammengesetzt und erkundet, wie denn die Regisseurin des Bagaasch-„Jedermann“ diese Frau sieht, die keine Lust darauf verspürt, ihren geldgierigen Geliebten in den Tod zu begleiten.

„Ute Weiherer hat klar gemacht, dass die Buhlschaft für sie kein naives, oberflächliches Dummchen ist, sondern eine Frau, die weiß, was sie will. Ihren Jedermann liebt sie durchaus, aber auf ihre Weise.“ In diesem Jahr – die Fürther Inszenierung geht jetzt zum dritten Mal über die Bühne – habe Weiherer insgesamt einige „kleine Korrekturen“ gemacht. Aber für Grumbach hieß es, mach’ genauso weiter wie zuvor erarbeitet: „Das habe ich als schönes Kompliment empfunden.“

Das Verführerische setzt Tatjana Grumbach dabei nicht betont offensiv in Szene. Sie bevorzugt die subtilere Betörung. „Dieses ein bisschen mit ihren Reizen spielen, das macht ja wohl jede Frau.“ Im Privatleben hat sie das Gefühl, auf die meisten Mitmenschen zunächst „etwas introvertiert und reserviert“ zu wirken. „Das bin ich aber gar nicht, im Gegenteil.“

Coaching in Berlin

Ihre emotionale Seite bringt sie nicht zuletzt im Team mit Ehemann und Pianist Stephan Grumbach zur Geltung. Als Duo „Die Trällertasten“ begeistern sie mit Chanson-Abenden. „Er hat mich zum Singen gebracht, dafür war ich früher zu schüchtern.“ Für das professionelle Coaching fahren die beiden regelmäßig zu Rainer Bielfeldt nach Berlin. Im Nürnberger Ensemble „Stilblüten“ gibt Tatjana zudem Loriots unsterblichen Helden in szenischen Lesungen die Ehre.

Bevor sie ins lilafarbene Gewand der Fürther Buhlschaft schlüpft („Das war das Hochzeitskleid von Rike Frohberger, die den Tod spielt“) gibt es von ihr noch Lob für die Piazza vor dem Kulturforum. „Tolle Stimmung, wenn die Scheinwerfer angehen.“ Der ständig präsente Verkehr sei nicht so klasse, dafür kam 2015 das Feuerwerk vom Sommernachtsball im Stadtpark wie aufs Stichwort: „Exakt als der Teufel sprach, ging es los. Eine Zuschauerin meinte später, beim nächsten Mal sollen wir das bitte nicht so laut machen. . .“

Tatjana Grumbach muss sich umziehen. Begleitet wird sie übrigens von zwei kleinen Plüschratten. Ihren Glücksbringern. „Das sind Little Hermie und Salto Rico, die beiden sind seit Jahren immer dabei.“ Sie haben sich augenscheinlich bewährt.

„Jedermann — Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“: Fürther Bagaasch, Kulturforum-Piazza (Würzburger Straße 2). Heute und morgen jeweils 20.30 Uhr, Sonntag 17 Uhr. Abendkasse 18 Euro. Karten im Vorverkauf (15 Euro) und mit ZAC-Rabatt im FN-Ticket-Point (Rudolf-Breitscheid-Straße 19, Tel. 2162777). Ersatztermine bei schlechtem Wetter: 9./10. August, 20.30 Uhr.

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