Der Job reicht oft nicht zum Leben

25.4.2012, 09:00 Uhr
Der Job reicht oft nicht zum Leben

© Foto: Horst Linke

Wie am Wochenende im Wirtschaftsteil der Fürther Nachrichten zu lesen war, ist in der Kleeblattstadt die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs zwischen 2001 und 2011 um 8,4 Prozent gesunken. Laut Oberbürgermeister Thomas Jung sind für den Rückgang zwei Faktoren verantwortlich: zum einen die Pleite des Versandhändlers Quelle im Jahr 2009, zum anderen eine statistische Bereinigung. Nach seinen Worten werden richtigerweise seit drei, vier Jahren die Arbeitsplätze zweier Firmen, die zwar offiziell ihren Sitz in der Kleeblattstadt haben, deren Beschäftigte aber zum ganz großen Teil in anderen Orten sitzen, nicht mehr für Fürth gewertet: die Eckart-Werke in Velden und die KQV-Versicherungen (jetzt Ergo Direkt) in Nürnberg.

Kein Grund zur Beunruhigung also, findet Jung, denn nach dem Quelle-Aus steige die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs in Fürth wieder an. Die Stadt sei drauf und dran, die 40000er-Marke zu knacken. Was die Arbeitslosenquote betrifft, so hofft Jung für den Sommer erstmals auf „eine fünf vor dem Komma“. Im Juni vergangenen Jahres lag sie bereits bei 6,0 Prozent, dem niedrigsten Wert seit 30 Jahren.

In den kommenden Jahren würden weitere Arbeitsplätze entstehen. Der Rathauschef nennt hier das Landesamt für Statistik, aber auch die Uferstadt, den Gewerbehof Complex sowie die Gewerbegebiete Hardhöhe und Atzenhof. „Wir haben pro Monat mindestens einen Vertragsabschluss mit einem Unternehmen, das sich bei uns ansiedeln will.“

Sorgen bereitet Jung eine andere Entwicklung: Es geht um Menschen, die Vollzeit arbeiten und dennoch nicht genügend verdienen, um sich und ihre Angehörigen zu ernähren. Nach den Angaben von Günther Meth, Leiter des Jobcenters in Fürth, ist deren Zahl — prozentual betrachtet — in Fürth besonders hoch. Das liege daran, dass hier vergleichsweise viele Menschen ohne jeglichen Berufsabschluss leben.

Wer arbeitet und dennoch weniger verdient als ein Arbeitloser in Form der Grundsicherung vom Staat erhält, der kann beantragen, dass sein Gehalt vom Jobcenter aufgestockt wird. Meth zufolge sind derzeit 380 Menschen registriert, die in Vollzeitarbeit etwas mehr als 1000 Euro verdienen und aufstocken müssen. Hinzu kommen 130 Personen, deren Gehalt zwischen 800 und 1000 Euro liegt.

Widerstand bei Unternehmern

Wie der DGB fordert Oberbürgermeister Jung in diesem Zusammenhang nicht zum ersten Mal einen flächendeckenden Mindestlohn wie er in elf Branchen — etwa bei der Gebäudereinigung oder bei Dachdeckern — bereits üblich ist. Wer Vollzeit arbeitet, so sein Credo, müsse auch davon leben können. Mindestens 8,50 Euro pro Stunde verlangt der DGB. Rathauschef Jung hat bei diesem Thema auch den städtischen Haushalt im Blick, denn: Das „Aufstocken“ bezahlen die Kommunen, etwa indem sie Miet- und Heizkosten übernehmen.

Auf Widerstand stößt der Ruf nach Mindestlöhnen unter anderem beim Unternehmerflügel der CSU. Auch Gerhard Fuchs, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer in Fürth, ist kein Freund von flächendeckenden Mindestlöhnen.

Zwar sei auch er „vom Grundsatz her der Meinung“, dass jeder, der „sich im Arbeitsleben voll einbringt“, auch davon leben können sollte. Aber in Branchen, die in „einem harten Wettbewerb“ mit anderen Ländern stünden, sei ein Mindestlohn kontraproduktiv. „Wenn das irgendwann gesetzlich verordnet wird“, so Fuchs, „dann werden auch die Unternehmen umdenken und sehen müssen, wo sie Geld sparen können.“ Entlassungen könnten die Folge sein.

 

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