Die Bilanz der Großbaustelle Kläranlage

11.6.2013, 09:00 Uhr
Die Bilanz der Großbaustelle Kläranlage

© Scherer

Herr Janda, in den Haushalten entsteht permanent Abwasser. Wie funktioniert der Wechsel von einer auf die andere Anlage?

Janda: Das ist schon im September passiert. Unbemerkt von der Öffentlichkeit haben wir das Abwasser von der alten in die neue Anlage umgeleitet. Zur Sicherheit blieb die alte Anlage noch einen Monat stehen, bevor sie zurückgebaut wurde. Weil im Außenbereich noch viel zu erledigen war, fällt der offizielle Startschuss erst jetzt.

Wie sieht Ihre Baustellen-Bilanz aus?

Janda: Abgesehen von den schwierigen Bodenverhältnissen, die uns ausbremsten, würde ich von einem ganz normalen Verlauf sprechen. 15 Firmen waren beteiligt. Dazwischengekommen ist uns die Insolvenz der Rohbaufirma, bei der wir aber mit einem blauen Auge davongekommen sind, sie hat uns vorwiegend „nur“ Zeit gekostet.

Als Fertigstellungstermin stand auch schon Anfang 2012 im Raum...

Janda: Dass der nicht zu halten ist, wurde uns klar, als wir trotz Baugrunduntersuchungen auf sehr schwierige Verhältnisse im Boden stießen, die erst behoben werden mussten. Die zwei harten Winter und die erwähnte Insolvenz haben uns natürlich auch sehr weh getan.

Worin unterscheidet sich die neue Klärtechnik von der alten?

Janda: Im Wesentlichen im Ablauf. Bisher liefen die Prozesse in einer Linie hintereinander. Jetzt laufen alle Reinigungsabschnitte parallel in drei Becken. Das spart Platz und ist genauer steuerbar. Sehr augenfällig sind die Veränderungen in der Regenrückhaltung. Früher hatten wir ein Regenüberlaufbecken mit 1190 Kubikmetern Fassungsvermögen. Es ist bei jedem stärkeren Regen übergelaufen und hat den Mühlbach regelrecht ausgespült, weshalb er im Volksmund gern Grand Canyon genannt wird. Jetzt haben wir mit einem weiteren Überlaufbecken und zwei Rückhaltebecken über 10000 Kubikmeter mehr Stauraum. Das große hat bei den massiven Regenfällen vor einer Woche seine Feuerprobe bestanden. Es ist das erste Mal vollgelaufen und hat damit seinen Zweck, die Niederschläge gedrosselt in den Bach abzuleiten, erfüllt.

Bei der alten Anlage war die Rede davon, sie habe an der Grenze der Belastbarkeit und des Erlaubten gearbeitet, richtig?

Janda: Das geklärte Abwasser hat immer den gesetzlichen Vorgaben entsprochen. Doch die Anlage aus den 1960er Jahren arbeitete nicht auf gleichbleibendem Niveau, sie war schlicht altersschwach. Das Abwasser, das ankam, konnten wir gerade noch ohne größere Probleme reinigen. Mehr hätte die Anlage nicht geschafft. Jetzt sieht das anders aus.

Was für die Marktgemeinde auch Entwicklungsperspektiven eröffnet...

Janda: Genau. Die alte Kläranlage blockierte neue Wohngebiete. Nachdem die Einwohnerzahl seit Jahren rückläufig ist, hat Roßtal jetzt wieder Reserven, um zu wachsen. Ein Baugebiet an der Buchschwabacher Straße mit 29 Parzellen steht kurz vor der Erschließung, eine zweite Ausweisung mit mindesten 50 Bauplätzen ist an Otto- und Stumpfstraße in Vorbereitung.

Zu den Kosten: Auf 5,85 Millionen Euro war die Anlage kalkuliert, halten Sie den Kostenrahmen ein?

Janda: So wie es aussieht: Ja. Und das dürfte an der sehr sorgfältigen Vorarbeit liegen. Der Bau an sich war die letzte Phase eines langen Prozesses. Er begann mit einem Wettbewerb, bei dem wir entgegen üblicher Praxis nicht mit der fertigen Planung in die Ausschreibung gingen, sondern zunächst Ideen für die optimale Lösung für unsere neue Kläranlage suchten. Zudem legen wir viel Wert auf Baubegleitung und Controlling.

Die Kosten der Abwasserentsorgung, so ist es Gesetz, hat der Verursacher zu tragen – inklusive Infrastruktur. Wie wird der Neubau finanziert?

Janda: Einmalig erhobene Herstellungsbeiträge für den Bau wollte der Gemeinderat nicht, das belastet ausschließlich Grundstückseigentümer, das fand man ungerecht. Sie hätten der Gemeinde letztlich die 4,5 Millionen Euro Kredite gespart, die sie ohnehin zu äußerst günstigen Konditionen bekommen hat. Stattdessen wird der Neubau über die Gebühren finanziert.

Und die dürften steigen, oder?

Janda: Der Neubau ist seit diesem Jahr in den Gebühren berücksichtigt. Mit 3,05 Euro je Kubikmeter Abwasser und 35 Cent je Quadratmeter versiegelter Fläche sind sie vergleichsweise hoch. Das liegt neben dem Neubau aber auch daran, dass wir – im Gegensatz zu anderen Gemeinden, die ihr Abwasser nach Fürth pumpen – neben dieser zentralen Kläranlage eine zweite, kleinere und sechs Teichkläranlagen in den Außenorten betreiben. Das ist personal- und wartungsintensiv. Unterm Strich haben sich die Gebühren im Vergleich zu 2011, als wir die getrennte Erhebung von Abwasser- und Niederschlagsgebühr eingeführt haben, um 31 Cent erhöht, was die Bevölkerung akzeptiert hat.

Was hat der Bürger von der neuen Kläranlage?

Janda: Bürgermeister Völkl würde sagen: ein gutes Gewissen. Denn die Umwelt profitiert, das geklärte Wasser, das wir in den Mühlbach ableiten, hat eine erheblich höhere Qualität. Abgesehen davon: Wir hatten keine Alternative. Es bestand immer die Gefahr, dass die alte Anlage altersbedingt ausfallen könnte. Beim zentralen Tropfkörper war ich jedes Mal, wenn ich zur Kläranlage kam, froh, dass er noch stand. Hätte er versagt, hätten wir einen Abwasser-Notstand gehabt und dann wären die Kosten explodiert. 

 

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