Die Knöllchen-Affäre

19.1.2017, 06:00 Uhr
Die Knöllchen-Affäre

© Foto: Sabine Dietz

Dass die Empörung ganz unbegründet nicht ist, legt die Reaktion der Polizeiinspektion Zirndorf nahe: Sie hat die Strafzettel zwischenzeitlich zurückgenommen. Weshalb, erklärt deren Leiter Roland Meyer. Aktiv sei seine Inspektion geworden, nachdem ein Anlieger angerufen und sich wegen des zugeparkten Fußwegs beschwert hatte. Vor Ort angekommen, befanden die Streifenbeamten den verbliebenen Abstand als zu eng bemessen (als Richtwert gilt: 1,20 Meter müssen Platz bleiben). Sie bedachten deshalb „im Zuge der Gleichbehandlung“ (Meyer) nahezu alle am Gehsteig abgestellten Fahrzeuge im zweiten von der Ansbacher Straße abzweigenden Schenkel der Rankenstraße mit einem Strafzettel über 20 Euro.

Was die Polizisten vor Ort im Gegensatz zu den Anliegern nicht wussten: Diese Stellplätze wurden vor Jahren als solche abmarkiert, allerdings sind die weißen Streifen derart verblasst, dass sie nur noch zu erahnen sind. Ein Tatbestand, den auch Andrea Oeller in ihrer Beschwerde monierte.

Vor dem Hintergrund, so PI-Chef Meyer, dass Stadt und Polizei derzeit ohnehin überlegten, wie Wintersdorf in punkto Verkehrszeichen so ausgestattet werden kann, dass es für jeden verständlicher ist“, sei im Nachgang eines Ortstermins mit Ordnungsamtschef Thomas Rieß die Entscheidung gefallen, die Verwarnungen zurückzunehmen. „Die Situation“, sagt Meyer, „war nicht eindeutig.“ Wer bereits bezahlt hat, bekommt seine 20 Euro von der Bußgeldzentrale zurücküberwiesen.

Parkplätze auf Privatgrund fehlen

Wie wiederholt berichtet, krankt die Reihenhaussiedlung im westlichen Wintersdorf an fehlendem Parkraum auf Privatgrund. Als das Wohngebiet vor über 30 Jahren erschlossen wurde, hat keiner der Planer damit gerechnet, dass jeder Haushalt mindestens zwei Autos unterhalten würde. Sie parken nun überall dort, wo es nur einigermaßen geht. Das erschwert das Durchkommen auf der keine fünf Meter breiten Fahrbahn. Straßenverkehrsrechtlich muss sie auf drei Metern Breite befahrbar bleiben.

Bemühungen der Kommune, die Situation in Zirndorfs „Zentrum des Parkdrucks“, wie ein Anlieger die Ecke schon beschrieb, zu entspannen, mündeten in dem Stadtratsbeschluss, einen Parkplatz auf städtische Kosten und städtischem Grund zu bauen. Kostenpunkt: 40 000 Euro. Seit einem knappen Jahr ist darauf für 20 Euro monatlich ein Stellplatz zu haben. Die Auslastung jedoch, das belegt am Mittwochvormittag gegen zehn Uhr die Spurenlage auf der in weiten Teilen unberührten Schneedecke der Fläche, ist mau. Abgesehen von zwei Wohnwagen, zwei Anhängern und einem Pkw ist nichts vorzufinden. 11 von 33 Stellplätzen, Stand gestern Mittag, sind derzeit vermietet.

Andrea Oeller und ihre Nachbarn beschlich indes der Eindruck, die Stadt wolle den schleppenden Vertrieb diese Parkareals über eine aggressive Parkraumüberwachung ankurbeln. Was Ordnungsamtsleiter Rieß jedoch als „unangebrachte und unseriöse Unterstellung“ zurückweist. Die kommunalen Verkehrsüberwacher, die unter seiner Regie stehen, seien „definitiv dort nicht tätig“ gewesen. Mehr noch: Die vergangen zwei Jahre habe er, so Rieß auf Anfrage, eigeninitiativ keine Verkehrsüberwacher dorthin geschickt, schlicht um sich nicht zum „Spielball von Nachbarschaftsstreitigkeiten zu machen“. Die wiederum macht er als ursächlich für die Alarmierung der Polizei aus.

Serie von ungeklärten Beschädigungen

Rieß weiß um die erschließungstechnischen Defizite Wintersdorfs. „Das Parken bis auf den letzten Zentimeter war dort über Jahre kein Thema“, doch mittlerweile gebe es „immer einige Bürger, die zu allem etwas wissen. Und wenn sich wer beschwert, müssen wir reagieren“, schildert er die Problematik — gleich ob für die kommunale Überwachung oder die Polizei. Sein Bestreben sei nicht, „möglichst viele Strafzettel auszustellen, sondern zu regeln und zu ordnen“. Wie der Parkraum möglichst hieb- und stichfest ausgewiesen werden kann, ohne den bestehenden zu beschneiden, daran feilt er gerade. Noch im ersten Quartal will er seine Konzepte im Verkehrsausschuss vorstellen.

Derweil ärgern sich die Anlieger darüber, wie schnell die Polizei doch mit Strafzetteln zur Stelle gewesen sei. Ein Einsatz, den sie bei einer ganzen Serie von Beschädigungen geparkter Autos in ihrer Ecke vermissen. PI-Chef Meyer sind diese Vorfälle bekannt, neun Anzeigen für den Zeitraum vom 12. bis 15. Dezember 2016 gingen ein. Seine Inspektion sei jedoch keinesfalls untätig geblieben. Allerdings hinterließen Sachbeschädigungen dieser Art keine verwertbaren Spuren. „Da sind wir auf die Hilfe der Anwohner angewiesen, aber wir haben keine Hinweise erhalten.“

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