"Die meisten kennen mich als Gurken-Heini"

21.5.2016, 10:09 Uhr

© Björn-Hendrik Otte

Am Autoscooter sagt eine Frauenstimme die nächste Fahrt an. Kinder quengeln, weil sie noch eine Runde Karussell fahren wollen. Und über allem liegt der Geruch aus einer Mischung von gebrannten Mandeln und Bratwürsten. Diese Eindrücke sind wohl jedem Volksfestbesucher bekannt, für Ronald Morawski und seinen Sohn Denny gehören sie zum Alltag. Denn die beiden sind Schausteller.

Alles fing mit einem Stand für Modeschmuck an. Das Schausteller-Gen erbte Ronald Morawski von seinem Vater, einem Markthändler. Er starb allerdings, als sein Sohn zehn Jahre alt war. "Ich habe dann ganz neu angefangen", erzählt der 56-Jährige, "an meinem ersten Stand habe ich Ketten, Ringe und Armbänder verkauft."

Heute betreibt er zusammen mit seinem Sohn einen Getränkeausschank, mehrere Imbissbuden, Bierzelte und einen Bühnenverleih. Mit den zwölf Fahrzeugen sind die beiden fast ganzjährig in Deutschland unterwegs. "Es beginnt bei uns Anfang März und geht bis Ende Dezember", sagt der gebürtige Fürther Denny Morawski. Er arbeitete mit 18 anfangs bei seinem Vater im Schmuckstand. Den haben sie vor zwei Jahren allerdings verkauft.

Mit 25 bot er dann als Erster Gurken auf Volksfesten an. "Die meisten Leute kennen mich als Gurken-Heini", meint der 36-Jährige lachend. Im Winter bewirtschaftet er für drei Monate den Weihnachtsmarkt am Potsdamer Platz in Berlin. Mit seinen Buden ist er aber auch auf der Fürther Kirchweih, dem Nürnberger Volksfest oder dem Erlanger Berg zu finden.

Gibt es denn eine Stadt, in die er besonders gerne fährt? "Am liebsten bin ich natürlich schon in Fürth. Hier bin ich daheim. Auf der Fürther Kärwa gibt’s außerdem die lustigsten Leute", sagt Denny. In Erlangen dagegen sei das Publikum häufig sehr betrunken. Da vergeht ihm dann der Spaß an seiner Arbeit.

Für solche Fälle hat sein Vater einen nicht ganz ernst gemeinten Ratschlag: "Die ganz Alkoholisierten kann man nur noch zum Mitbewerber weiterschicken." Ihm gefällt besonders gut an der Fürther Kirchweih, dass hier viele Bekannte vorbeikommen.

Weil er so viel winken muss, kommt er manchmal gar nicht mehr zum Arbeiten. Aber auch in anderen Städten trifft er täglich auf Stammkunden, "nach denen man schon die Uhr stellen" kann. Wie zum Beweis schüttelt der Schausteller während des Gesprächs auf dem Fürther Frühlingsmarkt immer wieder vorbeikommenden Besuchern die Hände.

Der Beruf verlangt den beiden Familienvätern einiges ab. Am Morgen waren zum Beispiel durch die Kälte die Wasserschläuche eingefroren. Als die dann wieder frei waren, ging die Kaffeemaschine kaputt. Trotzdem möchten Vater und Sohn ihren Beruf nicht gegen einen anderen eintauschen.

"Ein Bürojob wäre nichts für mich", sagt Denny, "ich habe schon so genug Büroarbeit. Ich mache die Abrechnungen für meine Mitarbeiter oder gehe die Bewerbungen durch. Da bin ich dann immer richtig froh, wenn ich wieder bei den Menschen bin." Auch die Arbeitszeiten sind für beide lang. Los geht es jeden Tag um zehn Uhr morgens. Abends ist oft erst um elf Uhr Schluss.

Doch die gute Stimmung unter den Schaustellern gleicht die Anstrengungen wieder aus. Es herrsche schon Konkurrenz, meint der Vater, aber trotzdem gebe es unter allen ein schönes Miteinander. Das liegt auch daran, "dass das Fest nur etwas wird, wenn alle gut sind. Alleine kommen wir da nicht weiter."

Wenn er auf dem Platz ist, bestehen seine Mahlzeiten hauptsächlich aus Bratwürsten und dem Angebot der umliegenden Stände. "Nach dem Weihnachtsmarkt freue ich mich dann jedes Mal auf Heiligabend. Davor esse ich fast einen Monat lang dasselbe", sagt der Seniorchef.

Die wichtigste Eigenschaft für einen Schausteller, da sind sich beide einig, ist Freundlichkeit. "Auch wenn wir einmal schlecht drauf sind: Die Kunden dürfen das nicht merken. Letztendlich verkaufen wir eben auch nur eine Illusion."

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