Die Not der Wildtiere mit der Hitze

18.8.2018, 10:00 Uhr
Das Reh stillt den Durst über die Nahrung.

© Patrick Pleul/dpa Das Reh stillt den Durst über die Nahrung.

Im Wald: Ohne Wasser geht auch bei Rehen, Hasen oder Wildschweinen nichts. Wie viel Waldbewohner brauchen, das hängt von mehreren Faktoren ab: der Tierart, dem Alter, der Nahrung und ihrer Aktivität.

Generell benötigen Wildtiere etwa 50 bis 60 Milliliter Wasser pro Kilogramm Körpergewicht. Ein Feldhase kommt somit etwa auf einen viertel Liter Wasser pro Tag. Der Morgentau auf den Wiesen deckt zum Großteil seinen Flüssigkeitsbedarf. Auch Rehe, in der Regel rund 20 Kilogramm schwer, finden sich erstaunlich gut mit der Trockenheit zurecht: Als ausgesprochene Feinschmecker ernähren sie sich von Blättern und Knospen, die genug Wasser enthalten. Das treibt allerdings den Waldbesitzern und Förstern – Stichwort Verbiss – die Sorgenfalten auf die Stirn.

Der großen Hitze passen sich die Tiere an: Sie suchen schattige Plätze auf und bewegen sich so wenig wie möglich. Um ihren Wasserhaushalt möglichst stabil zu halten, gehen Wildtiere auch anderweitig in den Spar-Modus: Sie verdunsten weniger über die Körperoberfläche und scheiden weniger Urin aus.

Die Not der Wildtiere mit der Hitze

© Matthias Kronau

Besonders wichtig ist es jetzt, die Tiere nicht unnötig zu stören. Walter Schulte, Jagdberater im Landkreis Fürth, appelliert deshalb an Menschen, die gerne in Wald und Flur unterwegs sind, die Rückzugsgebiete des Wilds zu meiden – vor allem in der Dämmerung und auch nachts.

Auf der Wiese: Um Schmetterlinge, Wildbienen oder Grashüpfer muss sich niemand sorgen. Denn: "Die Insekten sind in der Mehrzahl wärmeliebend, ein Großteil profitiert davon", sagt Martin Sommer, Diplom-Biologe bei der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt. Und zwar sowohl von den Folgen des Klimawandels als auch von den akut hohen Temperaturen. Wer Glück hat, kann deshalb den Großen Fuchs, Schmetterling des Jahres 2018, auf der Wiese oder im Garten erleben, aber auch den Admiral, der ursprünglich im Mittelmeerraum beheimatet ist.

Ein weiterer positiver Aspekt der Trockenheit: Weil es mangels Regen kaum Pfützen oder andere Wasseransammlungen gibt, fällt die Stechmückenplage heuer aus. Wildbienenarten, von denen über die Hälfte auf der Roten Liste stehen, nisten in der Erde und vermissen Überschwemmungen genauso wenig wie Wespen. Apropos Wespen: "Am Frühstückstisch nerven sie mich auch", sagt Martin Sommer. "Aber ich bin trotzdem froh, dass es wieder mal so viele gibt."

Die Not der Wildtiere mit der Hitze

© Reiner Bernhardt

Im Karpfenteich: Die Hitze selbst, die auch die Wassertemperaturen nach oben treibt, macht den Karpfen wenig aus. Die Fische haben sich gut entwickelt, "fast zu gut", sagt Marco Kistner, Vorsitzender der Teichgenossenschaft im Landkreis Fürth. Viele Karpfen hätten schon jetzt, noch vor Beginn der Saison, ihr Idealgewicht erreicht. Weil aber bei den Karpfen – im Gegensatz zu den Früchten auf Feldern oder Bäumen – nicht früher geerntet werden kann, heißt es: Diät halten. Das bedeutet, die Teichwirte füttern nichts mehr zu.

Was die Wassermenge angeht, zehren die Weiher zwar noch von den Niederschlägen des Frühjahrs. Allerdings sinkt der Stand laut Kistner in der heißen Zeit durch Verdunstung täglich um einen Zentimeter. Auch der Sauerstoffgehalt geht nach unten, daher versuchen die Teichwirte, das Wasser mithilfe von Pumpen oder Propellern wieder anzureichern. Alle Hände voll zu tun haben deshalb die Ringassistenten des Fischerzeugerrings Mittelfranken: Mit ihren mobilen Laboren sind sie unterwegs, um die Qualität des Wassers zu messen.

Im Garten: Meise und Co. trifft es derzeit gleich doppelt, denn die Sonne trocknet nicht nur Wasserlachen aus, sondern lässt auch das Nahrungsangebot zusammenschnurren. Füttern heißt deshalb die Devise – mit Sonnenblumenkernen und Waldfuttermischungen, rät Günter Löslein. Beim ehemaligen Vorsitzenden der Landesgruppe für Vogelschutz Fürth Stadt und Land hängen ohnehin das ganze Jahr über die so genannten Meisenknödel im Garten. Das vermindert nicht nur den Brutstress, wenn die Vögel ihre Jungen aufziehen, sondern sorgt auch jetzt dafür, dass der Schnabel voll wird.

Speziell Weichfutterfresser wie Kleiber, Rotkehlchen oder Zaunkönig, die nicht nur Insekten, sondern auch Würmer und dergleichen verzehren, tun sich schwer. Außerdem hilft es, flache Wasserschalen aufzustellen – allerdings erhöht, weil damit katzensicher. Wer im Übrigen hofft, Vögel würden die massenhaft auftretenden Wespen dezimieren, den muss der LBV-Experte enttäuschen. Der Stachel schreckt ab, nur wenige Vögel trauen sich ran. Der Neuntöter gehört dazu – aber der hat sich schon aufgemacht zum Flug ins Winterquartier.

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