Die Pappmaché-Sau im Visier

23.10.2019, 11:57 Uhr
Die Pappmaché-Sau im Visier

© Isabel Pogner

Wer die Cadolzburg betritt, taucht schnell in die Welt des Mittelalters ein: "Wir schiessen, jagen und sindt frohlich." Mit diesen Worten wird schon am Eingang zur Anlage der einstige Burgherr Albrecht Achilles zitiert. Dem Willkommensspruch macht auch das Museum in der Veste alle Ehre. In den Ausstellungsräumen stehen Rüstungen, Schwerter und sogar ein ausgestopftes Pferd in Kriegsmontur. Alles bereit für den Ansturm von draußen.

Abseits des Trubels bereitet Museumspädagogin Barbara Stockmann in einem kleinen Raum ihren Beitrag zur aktuellen Ausstellung vor, bei der es zwar nicht um Krieg geht – dafür aber um eine der anderen Leidenschaften des Albrecht Achilles: die Jagd. Die Sonderschau "Hatz und Hund, Spruch und Prunst. Fürstenvergnügen Jagd im späten Mittelalter" wurde im Rahmen der Hohenzollerntage eröffnet.

Ein kleines Luftballon-Ferkelchen liegt neben Zeitungsstapeln und Schalen voller Kleister. Stockmann möchte mit Kindern ein Pappmaché-Schwein basteln – "ein Wildschwein soll es werden", konkretisiert die Pädagogin. Dem possierlichen Tier schlägt aber schon bald wieder die letzte Stunde Am 30. Oktober dürfen junge Burgbesucher auf die Jagd gehen und es erschießen.

"Dass das Schwein erlegt wird, wussten wir nicht", sagt Britta Wolf. Die Kölnerin besucht derzeit mit ihren zwei Kindern ihre Tante in Franken. "Ich suche immer etwas Schönes aus, wenn sie kommen", sagt Sylvie Zinner. Sie hat in der Zeitung von der Schweinchen-Bastelstunde gelesen. "Und hier wäre ich sicher auch mit meiner Klasse hergekommen", sagt die ehemalige Grundschullehrerin, die Finger mit Kleister verklebt.

Britta Wolf liegt viel daran, dass sich ihr Nachwuchs spielerisch auslebt. Besonders, weil Kinder heute immer mehr vor flimmernden Bildschirmen versumpfen. "Das hemmt die Kreativität", sagt Wolf. Da passe das Angebot in der Cadolzburg gut ins Programm: Hier gibt es Geschichte nicht nur zum Anschauen, sondern auch zum Anfassen und Selbermachen.

Stockmann hat sich die Aktion ausgedacht. Die soll dabei helfen, Kindern zu erklären, wie sich im 15. Jahrhundert die fürstliche Jagd abgespielt hat. Zwei Stunden lang können Teilnehmer unangemeldet kommen und das kleine, dicke Luftballonschweinchen bekleben. Die FN leisten ebenfalls ihren Beitrag zur Bastelstunde: Unter anderem landen auch Streifen einiger Ausgabenauf dem Schwein. "Uns ist wichtig, dass die Kinder hier viel entdecken können", sagt Stockmann und wickelt ein Stück Karton um das Ohr des Ferkels.

"Jagen durften damals nur Fürsten", beschreibt sie die mittelalterlichen Gepflogenheiten – und die hohen Herren taten das zum reinen Vergnügen. Nina Wolf kann das nicht nachvollziehen. "Mein Hobby ist Malen", sagt die Neunjährige. Ihr zwei Jahre jüngerer Bruder Jonas interessiert sich schon mehr für die fürstlichen Freuden: "Aber ich wusste vorher gar nicht, dass die Kleidung so schwer war", sagt er. "Das hätte mir wahrscheinlich trotzdem keinen Spaß gemacht, wenn man da immer so viel anziehen muss."

Und dann sind da ja auch noch die Waffen: Gejagt wurde häufig mit der Armbrust – "für die braucht man Kraft, um sie zu bedienen", sagt Stockmann. Bei der Hatz auf das gebastelte Wildschwein am 30. Oktober dürfen Kinder mit einer ungefährlichen Schusswaffe anlegen. Die Kinder-Armbrust ist eigentlich dazu da, Dosen abzuschießen.

"Wenn das aber nicht klappt, rückt mein Kollege mit der echten Armbrust an", sagt Stockmann. Damit dabei nichts passiert, wird das Ende des Korridors mit einer dicken Holzwand ausgestattet. "Schade, dass wir da nicht mehr da sind", sagt Jonas. Er findet es nicht schlimm, dass das kleine Ferkel nicht alt wird: "Das zu erschießen finde ich schon okay. Macht ja auch Spaß." Immerhin: Damit liegt er ganz auf Linie des "frohlichen" Albrecht Achilles.

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