Drei Stadträte verabschieden sich mit Grummeln

14.3.2014, 11:00 Uhr
Drei Stadträte verabschieden sich mit Grummeln

© Johnston

Die Anfänge hat Meta Zill noch genau im Kopf: „Durch Bürgermeister Weidemann habe ich wirklich Lust auf Politik bekommen.“ Und dann war da noch diese Bonn-Reise: Die FDP-Politikerin Irmgard Schwaetzer führte die Besucherinnen herum und sagte: „Frauen sollen sich mehr trauen“ — Zill zog 1996 für die SPD in den Stadtrat ein. „Man kann nur über die Politik wirklich etwas verändern“, sagt sie, und das Schöne an der Kommunalpolitik sei, dass man die Erfolge „hautnah“ mitbekommt. Die Kehrseite ist das schlechte Gewissen, wenn Dinge sich nicht entwickelten wie erhofft.

Das Wichtigste ist, „dass man Kollegen auf seine Seite zieht“, rät sie ihren Nachfolgern. Man dürfe dabei ruhig auch mal mit dem politischen Gegner reden. Überhaupt: Der Fraktionszwang, der zum Glück selten verlangt wurde, sei ihr ein Greul gewesen. Dem eigenen Gewissen zu folgen, eine Meinung zu haben, sei ihr wichtig. Auch deshalb fiel ihr auf, dass Fürths aktueller OB, wie sie sagt, manchmal vorprescht und die Fraktion erst danach zu Rate zieht. Als wenn er „beim Hupferla-Spiel ein Feld überspringt“ – aber, fügt sie hinzu, „vermutlich würde man es nicht anders machen“. Jetzt, mit 67 Jahren, möchte sie nicht mehr an Entscheidungen mitwirken: „Ich will mit wachem Geist aufhören.“ Sie will den Jungen Platz machen und sich mit vielen Ideen weiter in Burgfarrnbach engagieren.

Als Günter Witzsch zum ersten Mal in den Stadtrat gewählt wurde, hieß der Bundeskanzler Willy Brandt. Das war 1972 – vor 42 Jahren. Jetzt ist Schluss. Er habe es abgelehnt, erneut zu kandidieren, sagt der Sozialdemokrat und beteuert, es liege nicht am Alter, Witzsch ist inzwischen 77. Vielmehr sei die Arbeit „am Schluss doch sehr frustrierend gewesen“. Neben ihm sitzt Herbert Schlicht und nickt wissend.

Schlicht kam 1996 in den Stadtrat, ist drei Jahre jünger, hat ein CSU-Parteibuch und trotzdem viel gemeinsam mit dem Genossen Witzsch. Beide setzten sich hartnäckig für den Natur- und Umweltschutz ein, für den Geschmack ihrer Parteifreunde mitunter zu hartnäckig. Schlicht hat das zu spüren bekommen. Bei der Listenaufstellung der CSU landete er lediglich auf Platz 18. Enttäuscht verzichtete er komplett auf eine Kandidatur (wir berichteten). „Das hat weh getan“, sagt er fünf Monate später, er habe damit aber abgeschlossen. „Vielleicht ist es sogar gut, ich war ja sowieso ein Einzelkämpfer in meiner Partei.“ Schlicht trauert den Zeiten nach, als die CSU in Fürth noch einen „Arbeitskreis Umwelt“ hatte. „Heute heißt es nur noch bauen, bauen, bauen.“

Mit dieser Kritik liegt er auf einer Ebene mit Günter Witzsch. Dessen „Frust“ rührt daher, dass er sich zuletzt mit seinen umweltpolitischen „Anliegen nicht mehr durchsetzen konnte“. Die Politik der Stadtentwicklung sei heute nicht mehr mit den 70er und 80er Jahren vergleichbar, als der Umweltschutz, wie er betont, eine weitaus größere Rolle gespielt habe. Eine Bebauung wie am Grundig-Park sei wegen der Nähe zum Waldrand damals undenkbar gewesen. Schon der frühere Bürgermeister Heinrich Stranka habe gesagt, Fürth könne nicht uferlos wachsen. Heute habe man dieses Motto zwar wiederentdeckt, „die Durchsetzung“ lasse aber zu wünschen übrig, sagt Witzsch und verweist auf die Baugebiete Reichsbodenfeld und Oberfürberg Nord. Was geben die beiden altgedienten Stadträte ihren Nachfolgern mit auf den Weg? „Sie sollten sich vom Obrigkeitsdenken lösen“, sagt Witzsch. Der Stadtrat sei kein Erfüllungsgehilfe der Verwaltung, sondern dazu da, sie zu kontrollieren. Zu sehr herrsche im Rathaus der Gedanke vor, „das soll mal alles in der Verwaltung bleiben, wir regeln das schon für euch“. Herbert Schlicht pflichtet bei: „Wer hat denn heute schon Rückgrat“, sagt der Mann, der nicht selten gegen seine CSU gestimmt hat. Die Jungen sollten vieles „kritischer sehen“.

Der Politik wollen sie erhalten bleiben. „Ich verschwinde nicht!“, kündigt Schlicht an. Er wolle sich als Naturschutzwächter und mit Posten beim Landesbund für Vogelschutz und im Naturschutzbeirat weiter „mit aller Macht gegen den Flächenverbrauch“ einsetzen. Günter Witzsch ist weiter beim BN auf Landes- und Bundesebene tätig, will das Geschehen in Fürth aber nicht aus den Augen verlieren. „Ich fürchte“, sagt er, „ich werde ein fleißiger Leserbriefschreiber sein.“

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