Düngeverordnung: Den Bauern stinkt die drohende Novelle

20.9.2019, 06:00 Uhr
Düngeverordnung: Den Bauern stinkt die drohende Novelle

© Foto: Maschinenring

Herr Köninger, Gülle darf nicht beliebig auf Äcker und Wiesen gefahren werden. Welche Verschärfungen drohen?

Die Sperrzeiten, in denen Gülle nicht ausgebracht werden darf, werden noch einmal verlängert. Die Herbstdüngung wird bis auf wenige Ausnahmen ganz verboten. Ich kann die ganze Gülle letztlich nur im Frühjahr innerhalb eines eng begrenzten Zeitfensters fahren, vorausgesetzt, die Felder sind nicht zu nass. Wenn ich in relativ kurzer Zeit ausbringen muss, was ich zuvor bis in den Herbst verteilen konnte, muss ich bei dem einen Mal erheblich mehr aufs Feld fahren. Nur: Zu viel auf einmal können weder Boden noch Pflanze aufnehmen. Und ich habe das maximale Risiko der Ausschwemmung, auch dem Bodenleben kommt das nicht zugute. Das ist kontraproduktiv.

 

Und wo wollen Sie die Gülle so lange unterbringen?

Düngeverordnung: Den Bauern stinkt die drohende Novelle

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Tja, das ist die Frage. Aktuell müssen wir Lagervolumen für sechs Monate vorhalten, das wird auf bis zu zehn Monate hochschnellen.

Und das wird die meisten Landwirte vor Probleme stellen. Gleichzeitig steht der Bau dieser Gruben still, im Landkreis gab es heuer noch keine Genehmigung dafür. Im Landkreis gibt es eine, die bereits seit April ausgehoben ist. Auflage ist, die Betonwand mit einer Folie zu ummanteln, doch dafür sind die technischen Anforderungen so hoch, dass die Baufirmen das gar nicht ausführen können. Also geht nichts voran. Die Österreicher sind etwas flexibler. Die betonieren einfach die Grubenwand ein paar Zentimeter dicker.

 

Dann wäre da noch die Stickstoffbilanz . . .

So eine Stickstoffbilanz müssen wir bereits erstellen, allerdings für den Betrieb insgesamt. In Zukunft soll der Düngemittelbedarf für jeden

einzelnen Schlag, also jede Ackerfläche einer Feldfrucht, exakt ermittelt werden. Ich muss also von jedem Acker Bodenproben nehmen und untersuchen lassen. Auch der Stickstoffgehalt der Gülle ist zu ermitteln, um die exakte Düngemenge jedes einzelnen Feldes festzustellen.

 

Fast der gesamte Landkreis Fürth wurde vom Landesamt für Umwelt als rotes Gebiet eingestuft, das heißt, der Nitratwert im Grundwasser liegt über dem Schwellenwert von 50 Milligramm pro Liter. Was bedeutet das in der Praxis für Sie?

Für diesen Fall hält die Neuerung, so wie sie geplant ist, noch mehr Überraschungen bereit: Hier ist der Stickstoffeintrag um 20 Prozent unter dem eigentlichen Bedarf der Pflanze gedeckelt. Ich muss also mit 10 bis 30 Prozent weniger Ertrag rechnen. Maßgeblich sind die Ertragszahlen der zurückliegenden drei Jahre. Und damit bewegen wir uns in einer Spirale abwärts. Von Jahr zu Jahr reduziert sich die zulässige Düngemenge, ergo auch der Ertrag. Warum muss ein Landwirt, auf dessen Hof die Stickstoffbilanz ausgeglichen ist, noch mit solch zusätzlichen Auflagen belastet werden? Das kann ich nicht mehr mittragen. Zumal es die Gegebenheiten im Landkreis überhaupt nicht berücksichtigt.

 

Was meinen Sie damit?

Wir haben in unserer Region einen sehr trägen Grundwasserkörper.

Mit gerade einmal 500 bis 600 Liter Niederschlag im Jahr bildet sich kaum Grundwasser neu. Bis sich die Nitratwerte merklich verbessern, kann es 20 bis 30 Jahre dauern. Die Verordnung von 2017 hätte ausgereicht, mit der hätten wir gut klarkommen können. Was jetzt im Raum steht, geht an die Wirtschaftlichkeit der Betriebe. Da stellt sich vielen Landwirten die Frage, wie soll ich meine Arbeit da noch vernünftig weitermachen? Bund und EU können die Auflagen noch drei Mal verschärfen, kurzfristig wird das an den Nitratwerten bei uns nichts ändern.

 

Allerdings dürfte die Landwirtschaft doch wohl hauptsächlich zu verantworten haben, dass es zu den zu hohen Nitratwerten im Grundwasser gekommen ist und Deutschland bei dessen Qualität europaweit aauf dem drittletzten Platz rangiert. Vielleicht ist es einfach an der Zeit, nicht mehr nur auf den maximalen Ertrag zu schielen?

Wir erwarten nicht, dass wir freigesprochen werden. Aber wir erwarten, dass andere Quellen für den Stickstoffeintrag ebenfalls berücksichtigt werden. Die Düngeverordnung bezog sich anfangs auf Stickstoff und Phosphor. Die Betrachtung des Phosphors hat man in Bayern aber herausgenommen. Nach einer systematischen Untersuchung der Flüsse hatte sich nämlich herausgestellt, dass der Phosphor-Eintrag in diese Gewässer hauptsächlich von Kläranlagen herrührt. Dass gibt uns eine gewisse Rückendeckung.

 

Trotzdem: Der Bauer ist auf die Natur angewiesen wie kein anderer. Sollte er dann nicht ganz besonderes Augenmerk auf deren guten Zustand haben?

Wir wollen uns durchaus der Verantwortung stellen. Das Letzte, was wir wollen, ist, das Grundwasser zu verschmutzen. Wenn ich meine Zeit als Landwirt Revue passieren lasse, wird heute wesentlich weniger chemisch erzeugter Mineraldünger eingesetzt als vor 30 Jahren. Dagegen wird die organische Düngervariante der Gülle effektiver genutzt.

Absurderweise hat die Düngeverordnung bisher gar nicht groß nach dem eingesetzten Mineraldünger gefragt. Dabei ist ein Kilo Stickstoff ein Kilo Stickstoff, egal welchen Ursprungs. Und die Gewinnspannen in der Landwirtschaft sind nicht so hoch, dass ich säckeweise zugekauften Mineraldünger ausbringen könnte, den die Pflanze nicht braucht. Das ist Geld, das kein Landwirt sinnlos verbraten würde. Aber auch die Landwirtschaft bei uns muss wirtschaftlich bleiben. Doch um ihre Gülle vernünftig unterbringen zu können, werden die Betriebe immer mehr Fläche brauchen. Das wird auf einen weiteren Strukturwandel hin zu noch größeren Betrieben hinauslaufen.

Interview: Sabine Dietz

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