Ein deutscher Boxer unter englischen Snobs

13.10.2017, 13:00 Uhr
Ein deutscher Boxer unter englischen Snobs

© Foto: Tobias Hase/dpa

Es gibt verbale Schlüsselreize, die lassen augenblicklich unser Kopfkino anlaufen. Wie wär’s hiermit: Eine alte Universität in England, mysteriöse Männerbünde, feine Gesellschaft, Gruppendruck, dunkle Geheimnisse, Sex, Verbrechen. Korrekt, da braut sich doch gleich was zusammen.

Takis Würger hat aus diesen Zutaten auf 240 Seiten einen Roman gemacht, der im Frühjahr in sämtlichen Feuilletons besprochen wurde. Die Rückseite seines Buchs, das einen Einband aus feiner Krawattenseide hat, ziert nun Kollegen-Lob von Benedict Wells, Benjamin von Stuckrad-Barre und Elke Heidenreich ("Was für eine schwarze Geschichte, und wie zart und liebevoll erzählt.").

Der Erfolg hat den 32-Jährigen überrascht. "Wer mit so etwas rechnet, muss sich behandeln lassen. Das wäre einfach Größenwahnsinn", sagt Würger am Telefon und gibt zu: "Ich habe natürlich gehofft, dass Menschen mein Buch lesen. Jetzt freue ich mich selbstverständlich." In "Der Club" erzählt er von einem deutschen Studenten, der am St. John’s College in Cambridge studiert, Boxer ist und Mitglied im elitären Pitt Club wird. Einer verschwiegenen Vereinigung, in der akademischer Snobismus und Gewalt kultiviert werden. Dieser Plot könnte allerdings auch ein Auszug aus Würgers Vita sein. Auch er hat ein Jahr lang am St. John’s College in Cambridge studiert, kämpfte als Schwergewicht im Box-Team der Universität und wurde, richtig, in den mysteriösen Pitt Club eingeladen.

Wie wahr ist denn die Geschichte, die im Buch erzählt wird? "Sie ist nicht wahr. Aber ich habe in Cambridge viel erlebt, was mich fasziniert hat, manches hat mich auch schockiert. " Über "geheime Clubs und Dinner in holzvertäfelten Räumen" sind ihm nur Andeutungen zu entlocken wie diese: "Ich habe ausschweifende Abende erlebt." Bei aller Verschwiegenheit, wie ist es ihm überhaupt gelungen, in diese Kreise einzudringen? "Ich kannte die richtigen Leute und hatte die richtigen Schuhe an."

Nichts geht über Pferdeleder

Die Sache mit den Kontakten leuchtet ein. Aber welches Schuhwerk ist so wirkungsvoll? "Grundsätzlich mag ich gute Schuhe, Pferdeleder, geschlossene Schnürung." Den Blick für Qualität hat er schon früh mitbekommen. "Meine Eltern haben versucht, mir verschiedene Werte mitzugeben, dazu gehörte auch, bewusst zu leben." Würger kam 1985 im niedersächsischen Hohenhameln zur Welt.. "Mein Großvater war noch Fischnetzknüpfer in Cuxhaven."

Seine Biografie macht ein bisschen atemlos. Nach dem Abitur arbeitet er in einem Entwicklungsprojekt in Peru. Bei der Münchner Abendzeitung volontiert er und besucht anschließend die renommierte Henri-Nannen-Schule. Mit Mitte 20 ist er bereits beim Nachrichtenmagazin Der Spiegel engagiert, berichtet unter anderem aus dem Irak, Libyen, Afghanistan und gewinnt Journalistenpreise. Für sein Studien-Jahr in England ließ er sich in Hamburg beurlauben.

Wie ist es ihm bei der Arbeit an seinem Roman gegangen? "Schreiben ist meine Belohnung", sagt Würger. "Es gibt nur wenige Dinge, die ich lieber mache." Schreibblockaden seien ihm fremd. "Für mich ist das Genuss, kein Kampf, sonst würde ich in meiner Freizeit Federball spielen. Oder kochen." Doch er sieht sich als Geschichtenerzähler und vermittelt nicht das Gefühl, dass ihm der Stoff ausgeht: "Es wird noch mehr Bücher geben."

Die ersten Erfahrungen mit dem Erzählen hat er ganz klassisch als Kind gemacht. "Mein Vater hat sich für meine Schwester und mich jeden Abend eine Geschichte ausgedacht." Darin habe dann mal "die Oma mit Fischfrikadellen jongliert", oder es ging um die Katze Jupp. "Und immer wieder kam eine Tigerfellbadehose vor." Klingt wunderbar.

Neue Erfahrungen macht Takis Würger jetzt bei seinen Lesungen aus "Der Club": "Ich wundere mich manchmal selbst, dass ich das geschrieben habe. Eigentlich ist es viel zu gut – wenn man das überhaupt so sagen darf." Seinen Besuch in Fürth hat die Buchhandlung Jungkunz in Kooperation mit der Volksbücherei eingefädelt. Würger versichert: "Ich bin ein großer Fan dieses Teils von Deutschland." Er schätzt "die Brauereien, diese besondere Aussprache der Menschen und das Essen" und wünscht sich: "Hoffentlich werde ich nach der Lesung in ein gutes Wirtshaus eingeladen."

Z"Der Club": Samstag, 20 Uhr, Innenstadtbibliothek Carl Friedrich Eckart Stiftung (Friedrichstraße 6 A). Karten dort sowie in der Buchhandlung Jungkunz (Friedrichstraße 3, Tel. 74 08 30).

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