Ein Glasgeschoss mit historischem Bezug

8.2.2013, 11:00 Uhr
Ein Glasgeschoss mit historischem Bezug

© Winckler

In den vergangenen Wochen war immer wieder — unter anderem vom Verein „Wir sind Fürth“ — zu hören, dass Weis&Volkmann den im November im Bau- und Wirtschaftsausschuss präsentierten Entwurf für das Eckgebäude an der Friedrichstraße überarbeitet und sich dabei vom Glasgeschoss verabschiedet habe. Als „Beleg“ dafür diente manchen eine in schwarz-weiß gehaltene Darstellung des Einkaufsschwerpunkts auf der Internetseite des Leipziger Architektenbüros. Zuletzt hatte auch Stadtheimatpfleger Alexander Mayer in seinem Rundbrief behauptet, dass im Dezember ein Entwurf bei der Stadt einging, der der Abbildung auf der Homepage entspreche. Seine Folgerung: Das „von manchen gelobte Glasdach“ sei entfallen oder aber „durch ein gerastertes“ ersetzt worden.

Ein Glasgeschoss mit historischem Bezug

© Architekturbüro

Auf FN-Nachfrage stellt das Büro Weis&Volkmann klar, dass nichts dergleichen geschehen sei. Die Darstellung auf der Homepage sei veraltet — sie stamme, wie dort zu lesen ist, vom Oktober und müsse dringend ersetzt werden. Und auch die Unterlagen aus dem Dezember seien irreführend, da sie nicht die aktuellen architektonischen Planungen widerspiegelten.

Wie Architekt Peter Schüßler erklärt, werden zwar derzeit in der Tat die Entwürfe weiterentwickelt, doch dabei handle es sich um „Feinheiten“, für die man Fachplaner etwa zur Statik, Hausplanung und zum Brandschutz einbinde. Am Glasdach, wie es in den FN abgebildet war, werde sich nichts Grundlegendes ändern. „Es bleibt bei dem gläsernen Geschoss“, das den Eindruck einer transparenten Hülle erwecke. Eine „schlanke“ Stahl- oder Aluminiumkonstruktion werde es ermöglichen, die Außenwände „fast vollständig in Glas auszubilden“. Man habe nicht vor, hier mit Betonstreben zu arbeiten. Auch Baureferent Joachim Krauße bestätigte erneut, dass der Wettbewerbsentwurf weiter Geltung besitze.

Der Hinweis des Architektenbüros, der gläserne Aufsatz erinnere an den früheren Bahnhof der Ludwigseisenbahn, der an der Freiheit stand, hat derweil bei vielen Fürthern Erstaunen ausgelöst. „Nicht nachvollziehbar“, urteilte bereits die Bürgerinitiative Bessere Mitte. Auch die ehemalige Stadtheimatpflegerin Barbara Ohm, die vor Jahren vorschlug, die Umrisse des Ludwigsbahnhofs samt der Gleise ins Pflaster einzulassen (was der Stadt zu teuer war), war „etwas baff“, wie sie gesteht. Einen Bezug könne sie nicht erkennen: „Damals hat man nicht mit Glas gebaut.“ Das erste kleine Bahnhofsgebäude, an dem 1835 der „Adler“ ankam, war aus Sandstein. 1885 hat es ein repräsentatives Backsteingebäude abgelöst.

Wie Schüßler erklärt, sei der „Anklang“ an den Ludwigsbahnhof „weniger direkt als vielmehr im Zusammenhang mit der Entwicklung der Eisenbahn“ zu sehen. Der technische Fortschritt der Industrialisierung brachte große Veränderungen für die Baukunst mit sich, die sich zunächst in England zeigten: „Gusseiserne Stützen übernahmen die tragenden Funktionen des Mauerwerks. Filigrane Konstruktionen aus Gusseisen und Glas wurden möglich.“ Das Eisenbahnwesen wurde „zu einem wichtigen Wegbereiter“ der Glasarchitektur. Der Ludwigsbahnhof — noch ganz in Stein gebaut — stehe am Anfang dieser Entwicklung.



Beeinflusst von der Entwicklung in England war Schüßler zufolge auch Leo von Klenze, dessen Architektur „direkt und indirekt“ das Stadtbild Fürths geprägt habe. Das gläserne Geschoss solle „lediglich ein Zitat, eine historische Verklammerung“ für die Arbeit von Leo von Klenze und die Bahnhofsarchitektur aus Eisen und Glas sein — und vielleicht eine Debatte anstoßen, wie man in Fürth angemessen an den Ludwigsbahnhof und die erste deutsche Eisenbahn erinnern könnte.

Wichtig war den Architekten darüber hinaus, dass „ein Raum von besonderer Qualität“ an diesem zentralen Platz entstehe — und ein Dach, das auffällt und sich zugleich harmonisch ins Gesamtbild einfügt.

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