Energiespar-Tipps: Eine Frau steigt um

6.6.2012, 11:10 Uhr
Energiespar-Tipps: Eine Frau steigt um

© Hans-Joachim Winckler

Der VW-Bus vor der Doppelhaushälfte im Stadtwesten hat Pause. Wie so oft. Die fünfköpfige Familie brauche ihn, sagt Maria Jäger, „für den wöchentlichen Großeinkauf und manchmal für die Fahrten meines Mannes“. Thomas Jäger ist Hobby-Astronom, bei klarer Sicht wuchtet der 44-jährige IT-Spezialist brusthohe Teleskope, Stative und mehr in den Bus, steuert nachts einen einsamen Platz in der Umgebung an und studiert den Sternenhimmel.

Davon abgesehen ist für die Eheleute auch nach den jüngsten Preiserhöhungen im Öffentlichen Personennahverkehr klar: Bus und Bahn haben Vorrang. Er hat ein Firmenabo, sie ein VGN-Jahresticket, Tochter Caroline (12) nutzt Streifenkarten, die beiden Jüngsten, Franziska (4) und Georg (2), fahren umsonst.

Maria Jäger studiert in Nürnberg-Gostenhof Pflegepädagogik. Dass sie dorthin den Zug und die U-Bahn nimmt, ist nichts Besonderes. Das tun viele Pendler. Die meisten allerdings nur, solange es nicht allzu kompliziert wird. Solange keine nervtötenden Umsteigeaktionen nötig sind oder schweres Gepäck mit muss. Maria Jäger schreckt das nicht. Die 35-Jährige ist im Großraum ehrenamtlich für die Johanniter-Unfall-Hilfe als Erste-Hilfe-Ausbilderin unterwegs. Auf dem Weg zu ihren Seminarorten lässt sie den VW-Bus „fast immer“ stehen. Obwohl sie bepackt ist wie andere Leute auf Urlaubsreisen: mit einem Trolli voller Rettungsutensilien, einer großen Tasche mit der Übungspuppe, einem Rucksack, in dem drei Leitz-Ordner stecken. Auf manche Touren — etwa dann, wenn sie die Unterrichtsmaterialien wieder in der Dienststelle der Johanniter im Nürnberger Norden abliefert — nimmt sie ihre Kinder mit. Eine Hand schiebt dann den Kinderwagen, die andere zieht den Trolli.

Was anderen Menschen den Schweiß auf die Stirn treibt, tut die gelernte Krankenschwester nicht nur, um sich das „teure Tanken und das lästige Parkplatzsuchen“ zu sparen und um ihre Kinder nicht zu sehr ans „Taxi Mama“ zu gewöhnen. „Ich mach’ das auch, um die Umwelt und meine Nerven zu schonen.“ Es gibt zwar Momente, gesteht Maria Jäger, „da beneide ich die Autofahrer“. Zum Beispiel dann, wenn sie am Fürther Bahnhof eine Stunde auf den Zug warten muss, weil am Wochenende der Anschluss nicht passt. Es gibt aber auch die anderen Momente.

Die, in denen sie sich freut, dass andere Fahrgäste hilfsbereit mit zupacken, wenn sie ein- oder aussteigt. Und die, in denen sie sich bei der Fahrt entspannt zurücklehnt, liest oder aus dem Fenster schaut. Sie genießt dann Bilder wie die vom Rednitzgrund, der sich kürzlich wieder nach einer Überschwemmung „in eine weite, glitzernde Wasserfläche verwandelt hat, so dass man dachte, man ist am Meer“.

Dazu der Kommentar von Tina Kienzl, Umweltexpertin der Verbraucherzentrale Bayern:

Der Verkehr trägt erheblich zum Klimawandel bei. In Deutschland verursacht er rund ein Fünftel der CO2-Emissionen. Mehr als die Hälfte davon geht auf das Konto der Privatautos. Vor allem für Kurzstrecken ist das Auto in punkto Umwelt und Kosten die schlechteste Wahl. Über 50 Prozent der Autostrecken in der Stadt sind kürzer als sechs Kilometer, sei es der tägliche Weg in die Arbeit, die Fahrt zum Supermarkt oder zum nächsten Bäcker. Ein kalter Motor braucht erheblich mehr Benzin als ein betriebswarmer. Im Durchschnitt schluckt ein Mittelklassewagen direkt nach dem Start hochgerechnet 30 Liter auf 100 Kilometer.

Die öffentlichen Verkehrsmittel sind vor allem in der Stadt eine umweltfreundliche und meist auch günstigere Alternative. Ein Linienbus verbraucht bei durchschnittlicher Auslastung pro 100 Personenkilometer etwa die Hälfte des Kraftstoffs eines Pkws. Somit setzt das öffentliche Verkehrsmittel auch nur etwa die Hälfte an CO2-Emissionen für dieselbe Strecke frei. In Zahlen: Bei durchschnittlicher Auslastung (pro Person und Kilometer) verursacht ein Auto 142 Gramm Treibhausgase, die Tram, S- und U-Bahn 78 Gramm und der Linienbus nur 75 Gramm. Und noch ein Argument: Wer im Stadtverkehr Distanzen von bis zu sechs Kilometern mit dem Rad zurücklegt, kommt nicht nur umweltfreundlich, sondern auch am schnellsten ans Ziel!
 

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