Es grünt so grün wie vor 100 Jahren

15.3.2013, 12:00 Uhr
Es grünt so grün wie vor 100 Jahren

Ein Strauch ist ein Strauch, Rasen bleibt Rasen – sollte man meinen. Doch auch Gärten gehen mit der Mode. Umso erstaunlicher, dass in Karl Martz’ grünem Refugium in der Fürther Westvorstand noch immer alles genauso grünt und blüht wie vor 100 Jahren. „Es gibt hier im Großraum nichts Vergleichbares“, weiß der 74Jährige. Im Schloss Burgfarrnbach kann bewundert werden, was sonst privat ist: In den vergangenen zwei Jahren hat Martz die ganz besondere Atmosphäre des Gartens in vielen Fotos dokumentiert. Präsentiert werden die stimmungsvollen Aufnahmen mit Originalunterlagen zum Bau von Haus und Garten vom Geschichtsverein Fürth, der sein Jahresprogramm mit „Parks, Gärten, Grün“ überschrieben hat.

„Es geht uns um das Bedürfnis des Menschen, Natur in seinen unmittelbaren Lebensraum zu holen“, sagt Barbara Ohm, Vorsitzende des Geschichtsvereins. Die Anlage, um die sich die Ausstellung dreht, folgte einem Trend: „In dem im Fürther Volksmund ,Villenkolonie’ genannten Viertel begannen Ende des 19. Jahrhunderts die in der Industrialisierung reich gewordenen Unternehmer den Bauern in Dambach Grundstücke abzukaufen, um sich Landhäuser mit großzügigen Gärten zu bauen.“

So auch der Fürther Metallwarenfabrikant Friedrich Karl Brahm, dessen Vater in der Theaterstraße eine erfolgreiche Manufaktur für Möbelbeschläge gegründet hatte — die belieferte unter anderem die Fürther Spiegelindustrie. Der Sohn ließ sich vom Architektenbüro J. & M. Müller aus der Friedrichstraße 21 ein Haus im sogenannten Reformstil bauen. Ganz im Gegensatz zu den Stadtvillen im üppig ausgeschmückten Historismus setzte Brahms neue Villa auf schlichte Formen. Den passenden Garten dazu entwarf die Firma Möhl und Schnizlein aus München-Bogenhausen. Deren Gründer Jakob Möhl hatte als Königlich Bayerischer Hofgartendirektor an den Anlagen der Schlösser Linderhof und Herrenchiemsee für den Märchenkönig Ludwig II. mitgewirkt.

Alles im Original

1979 übernahm Familie Martz Haus und Garten von der Witwe des Erbauers Friedrich Karl Brahm; sie hatte die gesamte Anlage im Originalzustand belassen. Für Karl Martz stand von Anfang an fest, dass diese Rarität erhalten wird: „Heutzutage wird der Geist eines Erfinders zu wenig geachtet“, macht er klar. Martz möchte nicht „zu den Eigentümern gehören, deren Ego sie nicht erkennen lässt, was der ursprüngliche Ideengeber wollte“. Grobe Änderungen am Grundkonzept seines Gartens empfindet er deshalb schlicht als respektlos.

Ein Glücksfall sind die Aufzeichnungen aus den Entstehungstagen, die Martz besitzt. Sie zeigen, wie überlegt die Planer vorgingen. Sie entwarfen „Gartenräume“, die durch Achsen verbunden sind, an deren Ende der Betrachter von besonderen Blickpunkten überrascht wird. Rund 1200 Pflanzen gedeihen hier, von Acer Campestre bis Weigela Florida. Ein besonderes Augenmerk gilt den Freilandfarnen: „Die sind typisch für die Zeit der Erbauung.“

Die Fotografien, die Martz in seinem historischen Garten gemacht hat, dokumentieren nicht vordergründig Gestaltung und Anlage. Stattdessen hat er Stimmungen festgehalten. Sein Ehrgeiz sei es gewesen, „das Geheimnisvolle der Natur, das ein in die Jahre gekommener Garten in sich birgt“, zu zeigen. Er griff zur Kamera, wenn das Licht für ungewöhnliche Inszenierungen sorgte und die Jahreszeiten für einen besonderen Zauber.

Wie prägend ein Garten sein kann, zeigt übrigens Sohn Jochen Martz – er wurde Landschaftsarchitekt und Gartenhistoriker. Übrigens lässt Vater Karl in seinen Fotos erkennen, dass trotz nobler Geschichte auch der Humor Raum hat: Ein Gartenzwerg, weiß und mit einer gewissen Eleganz, darf im historischen Garten posieren. Kein Stilbruch. Der kleine Kerl stammt aus den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts und passt damit perfekt ins Bild.

„Ein historischer Garten in Fürth“: Schloss Burgfarrnbach. Dienstags bis donnerstags 9-16 Uhr. Vernissage am 19. März, 18 Uhr. Bis 21. April.

 

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